Vater unser - Band 2
VATER UNSER
„Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“
Band 2
Vorwort
Ich biete dir dieses zweite Meditationsbüchlein über das Gebet, das Jesus uns fortwährend lehrt, an, als kleinen Beitrag für dein Gebet, für deine Liebe zum Vater. Er soll immer mehr geliebt werden, Jesus soll immer mehr gedient werden, der Heilige Geist soll immer mehr angenommen werden.
Danke für dein Gebet und dein Aufopfern an den Vater!
Don Vigilio Covi
4. DEIN NAME WERDE GEHEILIGT
A.
Jesus fährt fort, seinen Jüngern zu antworten. Sie haben ihn gebeten: „Herr, lehre uns beten!” Und nachdem Jesus sie zur Betrachtung des Vaters geführt hat, bringt er sie nun dazu, Bitten zu äußern.
Die Bitten, welche die Betenden vorbringen, sind nicht die Frucht eines Zurückweichens auf sich selbst, sind nicht egoistische Erwartungen, sondern sie sind neu, es sind Bitten, die aus der Liebe jenes Vaters quellen, welche die Betenden betrachtet haben.
Jener Vater, dessen Liebe sie entdeckt haben, hat eine sehr genaue Identität, hat einen genauen Plan und Willen. Die Jünger Jesu wünschen, daß sich diese Eigenschaften des Vaters manifestieren und vollenden können.
Diese Bitten sind nicht irgendwelche Fragen: es sind Vorschläge, in die man mit einbezogen und verwickelt werden will, ja, man will tatsächlich mit einbezogen werden.
Das Mädchen, das einen Kuchen backen will, bittet die Mutter, sich ans Werk zu setzen, denn es weiß, daß es in die Arbeit mit einbezogen wird.
Der Bub, der ein Spielzeug wünscht, bittet den Vater, es ihm zu bauen, wohl wissend, daß er um seine Mitarbeit gefragt wird.
Der Sohn, der die Pläne seines Vaters kennt, wünscht, daß sie realisiert werden, und deshalb bietet er sich an, stellt sich zur Verfügung, um mitzuarbeiten, um sich zusammen zu bemühen.
Jesus schlägt demjenigen Bitten vor, der das Beten lernen will.
Indem er Bitten vorschlägt, zeigt er mögliche Arbeitsfelder auf, damit die eigene Mühe, die eigene Auswahl, das eigene Angebot zur Mitarbeit, das eigene Leben danach ausgerichtet werden.
Das Gebet des Christen wird so zur genauen Orientierung der eigenen Existenz, es wir „Ein-sich-Einbeziehen-lassen” in die gleiche Liebesbewegung des Vaters, es wird zu einer immer vollkommeneren Gemeinschaft mit ihm, mit seiner Liebe.
Die erste Bitte bezieht sich auf den Namen des Vaters.
„Dein Name werde geheiligt.”
Was ist der Name?
Für uns ist der Name nur ein Wort, ein Laut der Lippen, oft ohne Bedeutung.
Aber der Name ist immer wichtig.
Mit dem Namen wird eine Person identifiziert – es ist nicht wichtig, ob groß oder klein, ob arm oder reich, ob intelligent oder nicht – mit dem Namen wird die Person gekennzeichnet, mit dem Namen wird ihre Anwesenheit angezeigt oder die Erinnerung an sie geweckt. Mit dem Namen kann eine Person gerufen oder abgelehnt werden. Der Name ist die Person selber, die ihn trägt!
Jeder Mensch hat einen Namen.
Wenn er auf die Welt kommt, ist der erste Liebesakt, den er bekommt, die Zuweisung eines Namens!
Hat Gott einen Namen?
Auch Er muß identifiziert werden können, bezeichnet als der lebendige Gott, um nicht mit einem der vielfältigen Gottesbilder verwechselt zu werden, die vom Menschen erdacht oder dem Menschen vom Feind Gottes eingeflüstert werden.
Gott, der wahre und einzige Gott, der den Menschen das Leben gegeben und sie geliebt hat, muß erkannt werden können, ins Gedächtnis gerufen werden können, mit „seinem Namen” angesprochen werden können, der ihn von den leeren und unwichtigen Götzen, die mit den Menschen nur eine auf Betrug aufgebaute Beziehung haben, unterscheidet.
Wir finden deswegen die Frage nicht komisch, die Moses Gott stellt, der ihn ruft und ihn nach Ägypten zu den Israeliten zurückschicken will: „Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: ‚Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt.‘ Da werden sie mich fragen: ‚Wie heißt er?‘ Was soll ich ihnen darauf sagen?” [Ex 3,13] Die Menschen wollen wissen, woher die Stimme kommt, die sie ruft, die sie befragt.
Ich will wissen, wer der ist, der mir eine Aufgabe gibt oder der von mir Gehorsam fordert, denn ich will nicht betrogen werden. Einem Unbekannten kann man nicht trauen. Ich will mindestens wissen, ob er jemand ist, der gezeigt hat, daß er mich liebt, oder einer, der mich ausnützen will.
Wenn die Israeliten nach dem Namen fragen, wollen sie wissen, ob jener „Gott” ein Unbekannter ist oder jemand, mit dem schon eine Beziehung besteht oder eine Erfahrung, auf die sie ihr Vertrauen setzen können.
Den Namen Gottes kennen, ist also ein legitimes Bedürfnis, ja eine Pflicht.
Jesus selbst faßt beim letzten Abendmahl im Gebet, das er an den Vater richtet, sein Wirken mit den Jüngern so zusammen: „Ich habe ihnen deinen Namen bekannt gemacht.”
„Den Namen” Gottes kennen ist notwendig, im Kennen-„Wollen” kann aber auch eine Versuchung stecken.
4. DEIN NAME WERDE GEHEILIGT
B.
Der Mensch, der den Namen Gottes kennt, könnte ihn mißbrauchen, er könnte die Macht Gottes aus egoistischen Gründen anrufen, aus Ehrgeiz, oder um sich andere Menschen gefügig zu machen. Die Versuchung der Magie ist sehr alt: den Namen eines „Gottes” gebrauchen aus persönlichem Interesse und den Nächsten zu unterdrücken und auszunützen. Wer weiß, daß er einen Namen Gottes besitzt, verfällt anderen großen Versuchungen, nicht zuletzt der des Stolzes, sich für besser als diejenigen zu erachten, welche in ihrem Wortschatz den besonderen „Namen” nicht besitzen.
Die Antwort, die der lebendige Gott Moses gibt – und durch ihn dem Volk – will ihnen helfen, all die obengenannten Versuchungen zu meiden. Er offenbart einen „Namen”, der ihnen hilft, ihn zu erkennen mit einer Beziehung totalen Vertrauens, mit vollem Verlassen auf seine Weisheit, seine Liebe; das heißt mit Gehorsam. Der Mensch begegnet Gott nicht, indem er ein Wort mehr kennt, sondern wenn er sich vor ihn als Sohn, als Kind zu stellen weiß.
Der „Name”, den Moses empfängt, ist kein besonderer Laut, kein seltsames Wort; jener „Name” ist der Anfang einer Vertrauens- und Liebesbeziehung.
„Ich bin der ‚Ich-bin-da‘, will sagen: „Mache dir keine Sorgen, wie du mich heißen sollst, sorge dich hingegen, mit mir zu sein und mir zu vertrauen. Ich bin lebendig, ich bin immer da, du kannst mir vertrauen. Ich bin hier für dich, ich liebe dich, ich kümmere mich um dich, du bist nicht allein, weder verwaist noch verlassen.
„Ich bin der ‚Ich-bin-da‘“
Es ist nicht ein Name auf deinen Lippen wichtig, sondern das Vertrauen in deinem Herzen. Ich gebe dir nicht einen Namen als Besitz, ich gebe dir meine sichere, feste, treue Gegenwart. Hab keine Angst mehr!
„Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs”
„ Du kannst mich im Leben deiner Väter finden. Ich habe schon am Anfang deiner Geschichte treu gehandelt, habe mich mit dir beschäftigt, bevor du geboren warst, ich habe deine Existenz mit Weisheit, mit Taten der Vorsehung, mit Liebesbeweisen und mit Demut vorbereitet. Ich habe die Schritte deiner Vorfahren gelenkt, dein Leben hängt schon von meinem Handeln ab.”
Der Name, der Moses gegeben wurde, ist nicht ein Wort zum Aussprechen, sondern der Anfang einer Beziehung, mit der man auf die bereits gewährte Liebe Gottes antwortet. Wenn wir tief in diesen Namen Gottes eindringen, merken wir, daß dies schon eine große Vorbereitung ist, um als Kinder mit ihm, mit dem Vater, zu leben!
Der Evangelist Johannes erzählt öfters, daß Jesus sich selber mit dem Ausdruck
„Ich bin” bezeichnet!
„Wenn ihr den Menschensohn erhöht habt, dann werdet ihr erkennen, daß Ich es bin. Ihr werdet erkennen, daß Ich nichts im eigenen Namen tue, sondern nur das sage, was mich der Vater gelehrt hat.” [Joh 8,28]
Gott, der Gott der Väter und des Mose, der verheißungstreue Gott, läßt sich identifizieren und läßt sich kennzeichnen durch die Person Jesu. Er offenbart sich im erhöhten Sohn, im bis zum Tod gehorsamen Sohn, im Sohn, der die Liebe ans Kreuz, ja selbst in die Tiefe und Finsternis des Todes trägt.
Die Treue Gottes gegenüber dem Menschen, die Fülle der Liebe, die den Menschen geschaffen hat und ihm fortwährend beisteht, offenbart sich in Jesus. Jesus ist der „Ich bin”, die Liebe, mit der Gott die Welt liebt.
Jesus ist es, der das wahre Gesicht Gottes zeigt, der ihn zeigt als denjenigen, der das Leben gibt, als Vater: „Wer mich sieht, sieht den Vater!” „Ich und der Vater sind eins!” Der Name Gottes, jenes Gottes, der Vater für die Menschen ist, ist die Person Jesu. „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes.” [Kol 1,15] „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.” [Joh 1,18] Wir können in der Person Jesu den Namen Gottes sehen, denn es geschieht durch Ihn, daß der Gott der Väter, der Vater, der die Menschen und die Welt liebt, sich begegnen und lieben läßt.
Den Menschen gefällt es, einen Namen Gottes zu kennen, als Wort zu gebrauchen, um sich zu unterscheiden und sich für die wahren Anbeter zu halten und so die anderen als Unwissende oder Verlogene zu verurteilen. Aber dies ist eine der Versuchungen Satans, der den Menschen daran hindern will, den Vater zu kennen und daher auch sich selber zu erkennen als Kind Gottes und Bruder aller.
Ein Name, wenn er auch noch so schön oder sonderbar scheinen mag, kann „vergebens” ausgesprochen werden, er kann also wie etwas Leeres ausgesprochen werden, als ob er nicht die Fülle der Liebe beinhalten würde; er kann ausgesprochen werden, wie man den Namen eines Götzen ausspricht. Ein Name Gottes könnte ohne Verbindlichkeit zu lieben ausgesprochen werden, ohne Liebe zu zeigen. Dies wäre eine Ausdrucksform, die keine Beziehung zwischen Ihm und uns aufzeigt, wie der Name irgendeiner Person, mit der wir nichts zu tun haben oder – schlimmer - von der wir die Geheimnisse und „die Macht” besitzen.
Ein Name könnte sogar für ein Bild eines Gottes verwendet werden, das vom Menschen gebildet wird, von seiner Phantasie, von seiner Intelligenz, von seinen Interessen, die mehr oder weniger Ehrgeiz, Macht und Vergnügen verbergen.
Wir danken dir, Vater, daß du uns keinen anderen Namen gegeben hast,
dich anzurufen, als das Wort, mit dem die Kinder ihren Vater rufen!
Wir danken dir, daß du deinen Sohn Jesus vor unsere Augen gestellt hast,
um dich kennenzulernen und um unsere Liebesbeziehung mit dir aufzunehmen.
4. DEIN NAME WERDE GEHEILIGT
C.
Jesus offenbart das Gesicht eines Gottes, der Liebe ist, er kennzeichnet ihn als Vater, er identifiziert ihn unter unzähligen Bildern „Gottes” und er ruft ihn ohne Zögern in unser Gedächtnis.
Die Person Jesu öffnet uns mit ihrem ganzen Leben den Himmel, um den lebendigen, liebenden Gott zu sehen, um dem Vater zu begegnen.
Jesus ist der „Name” Gottes!
Die Person Jesu, die als Sohn lebt, zeigt uns den Vater. Und indem wir den Sohn lieben, schenken wir dem Vater die willkommenste Liebe. Indem wir auf den Sohn hören, schenken wir dem Vater die Aufmerksamkeit;
er hat Ihn uns als sein Wort gesandt.
Wenn Jesus seine Rolle als Sohn erfüllt, begegnen wir in Ihm dem Vater mit seiner ganzen Liebe. Wenn Jesus sagt: „Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe”, und sich in dem Liebesakt, der am Kalvarienberg in Jerusalem gipfelt, anbietet, dann ist Er „Name Gottes.” Wenn ihr den Menschensohn erhöht habt, werdet ihr wissen, daß „Ich bin”, dann werdet ihr wirklich verstehen, wer Gott ist, ihr werdet ihn erkennen. Er ist jemand, der liebt, der euch liebt, der nichts scheut, um euch von eurer Versklavung zu befreien; er ist Vater.
Mit dem Ausdruck „Ich bin” offenbart Jesus seine Gottheit, aber in dem Sinne, daß er die Liebe des Vaters aufzeigt. Mit diesem Ausdruck bietet er sich uns als „Name” Gottes an und offenbart uns, worin die Gottheit Gottes besteht: sie ist Liebe, selbstlose Gabe; Liebe, die Rettung und Gemeinschaft mit mir will!
„Ich bin bei Euch bis ans Ende der Welt”, bis zum Ende, bis in den Tod hinein, die letzte Folge der Sünde. Jesus ist göttliche Gegenwart, Gegenwart der totalen Liebe; die Liebe des Vaters, der das Leben gibt.
„Darum hat Ihn Gott über alle erhöht und hat Ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: ‚Jesus Christus ist der Herr‘ zur Ehre Gottes, des Vaters.” [Phil 2,9-11]
Da Jesus sich selbst im totalen Gehorsam geschenkt hat, zeigt Er die intimste Natur Gottes, die Liebe ist. Er bekommt den erhabenen Namen, denselben Namen Gottes.
„Vor mir wird jedes Knie sich beugen, und jede Zunge wird bei mir schwören” [Jes 45,23], diese Worte des Propheten Jesaja beziehen sich auf Gott, und der heilige Paulus gebraucht sie für Jesus. Er ist der Name Gottes!
Jetzt ist dieser wahre „Name” Gottes eine Person! Es ist ein Name, der den Menschen nicht zum Aussprechen gegeben ist, sondern zum Lieben.
Wer Jesus nicht liebt, kennt den wahren Namen Gottes nicht; derjenige kennt ihn, welcher mit ihm vereint bleibt.
Nur derjenige kennt und erkennt den wahren Gott – den Vater, jenen, der uns das Leben geschenkt hat und der auf uns wartet –, der sich Jesus nähert und sich von Ihm lieben läßt! Dieser macht die Erfahrung des Trostes, der Fülle des Lebens und des Friedens; alle drei kommen von Gott. Dieser Mensch kennt Gott wirklich als Gott! Jesus ist der göttliche Name, der nur mit der Liebe „erkannt” werden kann, indem man sich Ihm anbietet, sich Ihm nähert und mit Ihm bleibt.
Man könnte sagen, daß der Name Gottes nur dann richtig ausgesprochen wird, wenn man Jesus nachfolgt. Ich kenne den Namen Gottes, des Vaters, wenn ich Jesus nachfolge. Ich spreche den Namen des lebendigen Gottes aus, damit die anderen etwas von seiner Identität, von seiner Liebe erkennen, wenn ich Jesus nachfolge. Und ich lasse ihn um so klarer erkennen, je freier und inniger ich Jesus nachfolge und mit ihm ans Kreuz steige.
Ich kann sagen, Gott erkannt zu haben, wenn ich mit Personen zusammengekommen bin, die gelitten haben, Kreuze und Feindseligkeiten aus Liebe zu Jesus ertragen haben, mit Ihm auf dem Kalvarienberg waren und sind. Von ihrer Nachfolge kommt das klare Echo des wahren Namens Gottes zu mir, ein Echo erfüllt mit Barmherzigkeit und Treue, Weisheit und Einsicht, Erkenntnis und Milde, Demut und Stärke von jenem Gott, der lebendig ist und daher nicht einfach in die zwei, drei Silben der Sprache der Menschen eingeschlossen werden kann.
Das Leben der Heiligen - immer gegenwärtig in der Geschichte der Kirche als Leib Christi – ist der ständige Widerhall des wahren Namens Gottes!
Die Erinnerung an die Heiligen wird Erinnerung an Gott und Hilfe, um ihn mit immer größerer Klarheit zu identifizieren. Die Heiligen waren in der Liebe Jesu, waren verwandelt von seinem Sohnsein, waren von seinem Kreuz in all ihren Gefühlen gereinigt. Zusammen mit Ihm lassen sie mit ihrem Leben in der Welt und besonders in meinen Ohren und in meinem Herzen den wahren und heiligen Namen des einzigen, lebendigen und wahren Gottes, meines und unseres Vater, widerhallen.
Danke, Vater, daß du mir deinen Namen durch die Liebe Jesu und seine Nähe zu mir kennenlernen läßt!
Danke, Jesus, daß du mich den Vater kennenlernen läßt!
4. DEIN NAME WERDE GEHEILIGT
D.
Wir haben uns lange aufgehalten, um den Namen Gottes zu „hören”. Versuchen wir jetzt, einzudringen in die Bedeutung jenes Wunsches, welchen Jesus uns ins Herz und in den Willen legen will: „DEIN NAME WERDE GEHEILIGT!”
Werde geheiligt.
Dieses Wort wird im normalen Sprachgebrauch überhaupt nie angewandt: es muß daher erklärt werden. Ich weiß, daß ich es nur ganz einfach tun kann. Ich tue, was ich kann, das andere wird der Heilige Geist ergänzen.
Heiligen, heilig machen, sollte heißen: uns in die Lage versetzen, keinem irdischen Einfluß ausgesetzt zu sein, uns von der engen Abhängigkeit wegzuführen, das heißt von dem, was auf der Erde passiert. Auf der Erde gehen um: der Egoismus und der Stolz des Menschen, der Neid Satans, der Betrug der verschiedenen zum Idol erhobenen Interessen; sie können die freien Entscheidungen der Menschen leiten.
Wer von dieser Abhängigkeit weggeführt wird, lebt unter dem Einfluß einer anderen Kraft: der Liebe des Vaters. Derjenige wird also geheiligt, welcher als einzige Triebkraft seiner Taten und Gefühle die Liebe Gottes aufnimmt, und die inneren oder äußeren Kräfte die von Haß, Gleichgültigkeit, Neid, Stolz, Vergnügen und Gewalt herrühren, nicht beachtet.
Das ist geheiligt, was nicht mehr menschliche oder materielle Bedürfnisse ausdrückt, was sich zum Werkzeug der Liebe des Vaters macht. Wer geheiligt wird, wird frei, wirklich frei, denn er handelt und lebt nur getragen von der Liebe des Vaters. Wenn eine Person heilig wird, wird sie von allen irdischen und nichtigen Wünschen, von allen oberflächlichen und egoistischen Gründen gereinigt, nur um Ausdruck der ewigen Liebe des Vaters zu werden.
Vater unser, dein Name werde geheiligt!
Vater, ich wünsche innigst, daß Du Jenen rein und frei von irdischen Beeinflussungen machst, durch den Du dich offenbarst und dich identifizieren und erkennen läßt..
.
An und für sich braucht der Name Gottes nicht geheiligt zu werden: „Heilig ist dein Name!” Jesus – Name Gottes – ist „der Heilige Gottes”; Er hat Heiligung nicht nötig. Schon von der Geburt an ist Er als solcher erklärt worden, und sogar die Dämonen schrien ihm diese Anrede nach. [Mk 1,24]
Jesus ist heilig, und gerade deswegen ist Er Name des dreimal heiligen Gottes.
Die Versuchungen, denen Jesus in der Wüste widersteht, lassen klar erkennen, daß Er nur vom Vater abhängig sein will. Er, der Sohn, will Sohn bleiben, Er will abhängig bleiben und auf das Wort Gottes hören. Er läßt sich nicht bedingen, weder vom eigenen Hunger, noch von den Erwartungen der Menschen, die ihn als Messias sehen wollten, weder vom Verlangen der Völker, gerecht regiert zu werden. Er läßt sich nur von der Liebe des Vaters bewegen, von seinem Willen.
Jesus ist der Heilige!
Hingegen muß unsere Art, Jesus zu erkennen und sich ihm zu nähern, gereinigt werden, befreit von irdischen Interessen, von unseren Begierden. Unsere Art, Jesus, den Heiligen, zu lieben, muß geheiligt werden. Wie oft schauen wir, gerade wir Christen, auf Jesus, als ob Er jener wäre, der unsere Wünsche befriedigt oder unsere egoistischen Träume verwirklicht. Wir sehen ihn manchmal nur als Jenen, der unsere Krankheiten heilen kann, der uns von den Problemen, die von unseren Sünden herrühren, befreien kann; wir sehen ihn als jenen, der unsere Träume vom beruflichen Aufstieg, von der Arbeitssuche, von den verschiedenen Annehmlichkeiten verwirklichen muß. Wir sehen Jesus als Therapeuten oder als Zauberer, der uns die Last der Verantwortung wegnimmt und uns das Leben leicht macht.
Vater, dein Name werde geheiligt!
Vater, mach, daß wir nicht auf Jesus schauen wie Heiden, die einen Götzen befragen, wie auf einen, der unsere unreine Lust verwirklichen soll.
Gewähre uns, daß wir Jesus – deinen heiligen Namen – erkennen, als denjenigen, der dir gehorcht und der deinen Willen in uns erfüllen kann!
Gewähre uns, Jesus anzunehmen und zu lieben, damit wir durch Ihn Deinen Willen erkennen und von Ihm den Heiligen Geist empfangen, um Deine Pläne als Vater zu verwirklichen!
Befreie unsere Kenntnis über Jesus von jeder Unreinheit und von jeder egoistischen und oberflächlichen Schlacke, damit Er uns Dein Angesicht in voller Klarheit und in vollem Glanze zeigen kann. Vater!
4. DEIN NAME WERDE GEHEILIGT
E.
Wir leben jetzt in der Welt und wir sagen: „Vater unser!” Jetzt leben wir in der Welt, die ohne Kenntnis Gottes ist und die in der Finsternis lebt. Um uns verbreiten sich Denk- und Lebensweisen, die den Vater ganz ignorieren. Oft beziehen sich die Menschen auf Gott, aber nicht auf den Vater.
Wenn du acht gibst, entdeckst du, daß der Gott, von dem die Menschen reden, oft eine Vorstellung von ihnen ist, ein „Gott”, den sie sogar ungerecht oder böse nennen. Sie sind besser als er. Wie kann in der Welt noch dein Name erklingen, Vater? Was kann man machen, damit Du als der Vati anerkannt wirst, als jener, der liebt, der den Menschen das Leben gibt und ihre Freiheit respektiert, als jener, der Geduld und Erbarmen übt?
In der Welt gibt es uns, die wir dein sind, von deinem Sohn erworben, der uns seinen Namen und seinen Geist hinterlassen hat! Von uns hat der Apostel Paulus geschrieben: „Durch ihn seid auch ihr davon erfüllt” [Kol 2,10] und seine Fülle ist
„die ganze Fülle Gottes.” [Kol 2,9]
Wir also, die Glieder des Leibes Christi, nehmen an seiner Göttlichkeit, das heißt an der Liebe, unseres Herrn teil. Jetzt sind wir beauftragt, das Echo des Namens Gottes zu sein. Wir sind es, die mit unserem Leben anderen eine Hilfe sein können, den lebendigen, wahren Gott, den liebenden und rettenden Gott zu erkennen. Auch wir können mit dem Propheten Jeremia sagen: „Dein Name ist über uns ausgerufen!”
[Jer 14,9]
Deswegen setzen wir das Gebet fort.
Aus Liebe zu deinem Namen rette uns! Um deines Namens willen befreie uns!
Um deines Namens willen nimm die Kruste des Egoismus von uns!
Um deines Namens willen heilige uns, denn unser Leben ist es,
das ihn der heutigen Welt erkennen läßt!
Vater unser, dein Name werde geheiligt!
Wir müssen von Dir geheiligt werden, denn sonst sind wir ein verunstalteter Name, ein unvollständiger Name, eine Name, der in den Ohren der Menschen schlecht klingt. Wir müssen von der Begierde, vom Ehrgeiz, von der Eitelkeit, vom Egoismus, von Geiz und Neid, von jeder Sünde befreit werden, sonst kann Gott nicht als der Vater erkannt werden, der immer alle liebt, der seine Liebe und seine Geduld in allen Dingen und in allen Ereignissen verbirgt.
Die Menschen, an komischen Ideen über Gott gewöhnt und überzeugt von der Wahrheit ihrer falschen Gottesvorstellungen, sollen in ihrer bekannten Welt einige anziehende Neuigkeiten finden, die ihnen etwas vom Vater sehen läßt. Dies ist die Aufgabe der Jünger Jesu. Von Ihm lernen sie, demjenigen die andere Wange hinzuhalten und den Mantel zu geben, welcher ihnen das Hemd gestohlen hat. Sie lernen, die Freigebigkeit nicht an den Ansprüchen des Menschen zu messen, sondern an den höheren des Vaters. Sie lernen auf das, was auf der Erde geschieht, mit der Liebe zu reagieren, die sie im Himmel erlangen. Von Jesus bekommen sie die tägliche Kraft, um „anders” zu sein, als man sich erwartet.
Die Menschen, gewohnt über alles und alle zu klagen, über Kälte und Wärme, über Dienende und Befehlende, sollen Dem begegnen, der über nichts klagt, um den Vater zu erkennen, der sich aller Dinge und aller Menschen bedient, um zu lieben. Der Name Gottes sind wir, wir die wir im Schatten des Kreuzes Jesu und im Licht der Auferstehung leben. Wenn wir unsere Schwachheit, unsere Sünden, die Unstetigkeit unserer Liebe kennen, müssen wir ständig sagen:
“ Heilige deinen Namen, Vater!”
Heilige auch uns, denn unser Leben dient dazu, deine Identität zu offenbaren. Mache uns rein, nimm die Gefühle der Traurigkeit von uns und auch die der Freude, die nur von den irdischen Dingen kommt. Mach unseren Blick klar, damit wir uns nur an dir freuen und uns betrüben, woran dein Geist sich betrübt!
Der Prophet Ezechiel spricht auch und besonders von uns Christen, wenn er sagt:
„Meinen großen, bei den Völkern entweihten Namen, den ihr mitten unter ihnen entweiht habt, werde ich wieder heiligen.
Und die Völker werden erkennen, daß ich der Herr bin, wenn ich mich an euch vor ihren Augen als heilig erweise.
Ich reinige euch von aller Unreinheit und von allen euren Götzen. Ich schenke euch ein neues Herz... Nicht euretwegen handle ich so – Spruch Gottes, des Herrn – das sollt ihr wissen!
Dann werden die Völker erkennen, daß ich der Herr, Israel heilige, wenn ich den Tempel wieder aufgebaut habe.” [Ez 36,23/25/32]
Der „Tempel”, der für immer steht, ist der geistliche Bau, gebaut aus lebendigen Steinen, welche die Gläubigen sind, die auf Jesus – dem Eckstein – stehen. Begegnungsort mit Gott Vater ist die Kirche, die er der Welt als Ort voll von seiner Liebe anbietet.
Mache uns heilig, denn du bist heilig. Heilige uns, und dein Name wird herrlich leuchten und er wird erkannt und geliebt werden!
4. DEIN NAME WERDE GEHEILIGT
F.
Jesus hat den Namen des Vaters aufstrahlen lassen, als er am Kreuz erhöht wurde. In jenem Moment sehen die damaligen wie die heutigen Menschen die selbstloseste Liebe, die reine und barmherzige Liebe, die göttliche Liebe. Jener, der den Vater offenbart, muß erhöht werden.
„Es kommt der Herrscher der Welt. Über mich hat er keine Macht, aber die Welt soll erkennen, daß ich den Vater liebe und so handle, wie es mir der Vater aufgetragen hat.” [Joh 14,30-31]
Damit die dem Vater geschenkte Liebe und die Liebe, mit welcher der Vater liebt, offenbar wird, muß und will Jesus das Werk des Fürsten dieser Welt auf sich nehmen: die Demütigung, die Leiden, den Tod.
Jesus sagte noch: „Was soll ich sagen? Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen.” [Joh 12,27-28] Jesus bietet sich seiner „Stunde”, der Stunde seines Todes an, um den Namen des Vaters zu verherrlichen. Es ist in der Todesstunde, als Selbstopfer gelebt, daß Jesus – der Sohn – der Welt zeigt, daß sein Vater Liebe ist.
„Wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen.” [Joh 12,32]
Nicht mit menschlicher Ehre, sondern mit der Herrlichkeit der aufopfernden Liebe, zieht Jesus die Menschen an und er überzeugt sie, daß Gott Liebe ist!
„Ich habe ihnen deinen Namen bekannt gemacht und werde ihn bekannt machen, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist, und damit ich in ihnen bin.” [Joh 17,26]
Wenn der Mensch als Jünger Jesu den Namen des Vaters kennt, besitzt er nicht ein Wort mehr, sondern er lebt eine größere Liebe, die vollkommene Liebe, die Liebe, mit der Gott den Sohn liebt! Die Kenntnis des Namens Gottes besteht darin, dessen Liebe zu teilen, jene Liebe, die den Sohn hergibt und die ihm die ganze Aufmerksamkeit und das ganze Vertrauen schenkt.
Wenn ich Gott und seinen Namen kenne, das heißt seine wahre Identität, liebe ich Jesus mit ganzer Liebe, ich lebe für ihn, und er lebt in mir.
Wenn Jesus uns den Namen Gottes durch seinen Tod offenbart, werden auch wir, Glieder des Leibes Christi, den Namen des Vaters mit unserem „Tod” offenbaren, indem wir uns mit seinem Leiden und mit seinem Kreuz vereinen. Deshalb sind wir auch mit ihm „Licht der Welt”. [Mt 5,14] Wir lassen zusammen mit ihm die Gegenwart des wahren Gottes auf der Erde aufleuchten.
Deswegen will uns der Herr die Verfolgungen nicht ersparen. Er hat zu den Seinen gesagt: „Wenn sie mich gehaßt haben, so werden sie auch euch hassen”, und „Die Welt haßt euch”. [Joh 15,18] Als Jesus zum Vater betete, hat er für die Seinen nicht gewollt: „Daß er sie aus der Welt nimmt”. [Joh 17,15]
Er weiß gut, daß die Leiden und das Kreuz doppelt notwendig sind: auf der einen Seite reinigen, prüfen und stärken sie den Glauben und die Liebe; auf der anderen Seite erhöhen sie: sie stellen vor aller Augen – auch der ganz Zerstreuten und der Skeptiker – die Herrlichkeit der Gegenwart der göttlichen Liebe im Menschen. Deshalb konnte der heilige Paulus schreiben: „So werden alle, die in der Gemeinschaft mit Jesus Christus ein frommes Leben führen wollen, verfolgt werden.” [2 Tim 3,12]
Die Kirche ist immer auf dem Kreuz. Die Christen, die den Herrn mehr als sich selber lieben, sind nie ohne Kreuze, noch wundern sie sich, daß sie verfolgt werden.
[1 Petr 4,12] Die Kirche spürt das Kreuz jederzeit und allerorten! Manchmal sind es die Bischöfe oder die Priester, manchmal die Ordensleute, manchmal sind es die Christen einer sozialen Gruppe, die Feindseligkeiten oder Ausgrenzungen erleiden, aber es ist immer die Kirche, die das Leben gibt, damit der Name des Vaters verherrlicht und erkannt werde. Und wo die Kirche das Kreuz ablehnt und mit der Welt Kompromisse schließt, dort wird Gott nicht als Vater erkannt, und die Menschheit leidet an dem Fehlen von Licht, Sicherheit, an Lebensmangel.
Vater unser, dein Name werde geheiligt.
Ich lehne kein Kreuz und kein Leiden ab, wenn nur dein Name leuchtet.
Heilige und reinige mein Leben und das Leben von jenem Teil der Kirche,
in dem ich wohne, damit deine Liebe in ihrem ganzen Glanz erkannt werde!
Nicht ich heilige den Namen des Vaters! Er ist es, der mein Leben und jenes der Kirche von allem Egozentrismus, aller Eitelkeit und allem Geiz reinigt, damit jeder, der uns sieht und begegnet, eine Begegnung mit der Liebe des Vaters merken und erfahren kann. Wer sieht, daß wir imstande sind, zu lieben auch in der Verfolgung, im Leiden oder im Tod, der begegnet Gott, der das Leben auch dem Traurigen oder dem Verzweifelten, auch dem, der Angst hat vor der Leere und dem Tod, gibt.
Der Vater heiligt uns, indem er uns den Geist Jesu schenkt, damit unser Leben der Glanz seiner Liebe sei.
Dein Name werde geheiligt, Vater!
Jesus werde als dein Gesandter erkannt, der uns deinen Willen kundtut und nicht nur als ein Heiler oder ein Freund, der unsere Einsamkeit füllt.
Jesus werde geliebt als jener, der uns deinen Heiligen Geist schenken kann,
er uns in Liebe umwandelt!
Reinige, Vater, unser Herz und unsere Kirche, damit wir deinen Geist aufnehmen, um der Welt, mit unserer Freundlichkeit, zu offenbaren, daß du Liebe bist, daß du Vater bist, dem wir uns anvertrauen und dem wir gehorchen.
Alle werden erkennen, daß ihre Götzen – Geld, Ehrgeiz, Erfolg, Größe, Vergnügen – Betrug sind. Sie werden sie aufgeben, um sich von dir lieben zu lassen und sich mit deinem Sohn in seinem Leib, der Kirche, zu vereinen. Sie ist der Bau von dir gebaut, um allen immerdar deinen Namen bekannt zu machen!
5. DEIN REICH KOMME
A.
Dies ist die zweite Bitte, die wir unserem Vater vorbringen. Es ist die Bitte der Armen, die alles von Gott erwarten, denn sie haben gemerkt, daß sie von den Menschen nichts als Illusionen und Enttäuschungen erhalten können. Die menschlichen Reiche, die sie erfahren, sind nur imstande, leiden zu lassen, zu unterdrücken, Hoffnungen zu wecken und sie sofort zu dämpfen. Die Armen wünschen deshalb sehnlichst ein anderes Reich, das Reich des liebenden und nicht enttäuschenden Gottes.
Ihr Wunsch ist so stark, daß er bereit macht, zur Mitarbeit, zum Sich-Gebrauchen-Lassen von jener Liebe, mit welcher der Vater die menschlichen Gemeinschaften führen möchte.
Es komme „dein” Reich, das Reich des Vaters!
In der Frühzeit, in der Geschichte der Patriarchen, wird Gott nie mit dem Titel „König” bezeichnet. Dieser Titel wird ihm viel später gegeben, als das Volk Israel – verführt von der Lebensweise anderer Völker – einen König will, um wie die anderen zu sein! Der Prophet Samuel [1 Sam 8] ist gezwungen, ihnen einen König zu geben, und so salbt er zuerst Saul und später David.
Von den Heidenvölkern wurde der König für eine Gottheit gehalten; seine Autorität war absolut. Der König war es, der beschloß, was für gut und was für schlecht gehalten werden sollte. Der König fühlte sich nicht verpflichtet, anderen über sein Wirken Rechenschaft zu geben. Er genoß – wie eine Gottheit – Verehrung und Anbetung. Sein Bild wurde angebetet und verehrt wie das eines Gottes.
Das Volk Israel hatte einen König gewollt.
Gott gewährte ihn, aber nicht, damit er als „Gott” betrachtet würde. Im Gegenteil, diesem König wird verboten, Bilder von sich machen zu lassen. Und auch er wird den Herrn durch die Propheten befragen und sich ständig auf sein Wort berufen. Der einzige wahre König, der einzige, an den man sich richten muß, um Gesetze zu erlassen oder Urteile zu fällen, ist Gott. Von Ihm bekommt die Person, die mit dem Königstitel bezeichnet wird, die Aufgabe zu regieren. Von Ihm hängt die Sendung des Königs zugunsten des Volkes ständig ab, und der König muß sich an Gott wenden, um Rat zu bekommen.
Der König wird sogar öfters Korrektur- und Strafobjekt seitens Gottes! Das Handeln Sauls und Davids wird oft von Gott durch die Propheten getadelt! Sei es Saul, sei es David, seien es die Könige nach ihnen, werden von Gott bestraft. Sie können nicht das Gute oder das Böse bestimmen, sie können sich nicht zur absoluten Autorität erheben, sie müssen den Befehlen des einzigen, wahren und ewigen Königs des Volkes Israel, der Gott selber ist, gehorchen. Der König kann sogar von Gott abgesetzt werden: genau das ist Saul passiert.
Der einzige wahre König ist der lebendige Gott. Die Menschen, auch jene, denen Verantwortung gegeben ist, müssen immer auf Ihn schauen und Ihm gehorchen. Gott, unser Vater, ist der einzige, der in erster Person den Titel und die Vorrechte eines „Königs” trägt. Die irdischen Könige müssen sich damit begnügen, ihn zu vertreten, seine Worte auf die Erde zu bringen und seine Autorität konkret und lebendig zu machen.
Es ist eine ständige Versuchung für die Menschen, die Autorität Gottes und jene des Königs getrennt zu halten. Wir sind versucht, ihre Autorität in Konkurrenz zu sehen. Die Folgen sind verheerend: so wird ständig die Erbsünde wieder erneuert.
Der Mensch wird dazu angehalten, zu glauben, daß sein Leben in der Gesellschaft vom Gehorsam Gott gegenüber befreit sei. Er lebt so eine Zweiteilung, eine doppelte ethische Dimension zwischen persönlichem und sozialem Leben. Man kann so weit kommen, dem König die Autorität Gottes zuzuschreiben. Das kann auch bequem sein, denn der König ist ein für Schwachheit und Kompromisse anfälliger Mensch, und er ist imstande, nur um der Menge zu gefallen, sich von den Launen der Leute leiten und beeinflussen zu lassen.
Genau dies ist in Jerusalem am Vorabend des Osterfestes geschehen. Pilatus hält sich für die höchste Autorität, so daß er zu Jesus sagt: “Weißt du nicht, daß ich die Macht habe, dich zu befreien, und die Macht habe, dich zu kreuzigen?”
Er glaubt, die Macht zu haben, die Ungerechtigkeit, einen Unschuldigen zu verurteilen, für „gut” erklären zu können. Trotzdem, gerade er ist so schwach, sich von den Erpressungen der Juden bedingen zu lassen! Mit einem lapidaren, aber ausdrucksvollen Satz, entfernen sich diese entschlossen von Gott: „Wir haben keinen anderen König außer den Kaiser!” Sie wollen Pilatus zwingen und deshalb verleugnen sie die Königsherrschaft Gottes. Sie erklären sich ohne Gott, oder besser, sie proklamieren die Göttlichkeit des irdischen Königs, des Kaisers und ahmen in blasphemischer Weise das Wort des Dekalogs nach: „Du sollst keinen Gott außer mir haben!” Sie gehen so weit, um ihren Willen durchzusetzen, um selbst die höchste Autorität des Volkes zu sein.
Die Armen fahren fort, zu beten:
Dein Reich komme, Vater!
Dein Reich komme auf diese Erde, die getrennt und zerteilt ist auf menschliche Reiche, die alle unter der Willkür der Gewalt, der Anmaßung, der gegenseitigen Erpressung, der Übergriffe, des Kampfes leiden.
Dein Reich komme, das einzige, das die Herrschaft und die Tyrannei Satans vertreibt! Dein Reich komme, Reich eines Vaters, Reich, wo wir uns geliebt und geschätzt, geschützt und verantwortlich fühlen können.
Es komme DEIN Reich!
5. DEIN REICH KOMME
B
Das Wort „Reich” kann zwei verschiedene Wirklichkeiten bezeichnen. Vor allem können wir damit „Königtum” ausdrücken: also die Würde, die Natur, die Art König zu sein, die Art der Beziehungen, die von einem „König” aufgebaut werden.
Außerdem können wir mit dem Wort „Reich” den Herrschaftsbereich verstehen: das heißt das Territorium, auf dem die Autorität eines bestimmten Königs gilt, die Grenzen, innerhalb welcher sein Wort Geltung hat, und sein Gesetz verpflichtend ist.
Wenn wir vom Reich Gottes sprechen, können wir beide Bedeutungen meinen. Normalerweise aber überwiegt die erste.
Betrachten wir nun das Königtum des Vaters!
Dein Reich komme, Vater!
Wir wollen, daß der Vater, unser Vater, sich als König manifestiert. Das Reich, das wir ersehnen, ist jenes, wo die Vaterschaft Gottes als bestimmende Beziehung der Gesellschaft regiert. Innerhalb dieses „Königreiches” können sich die Menschen als Kinder Gottes betrachten und als solche sich geliebt, gewollt und geschätzt fühlen.
Was in diesem Reich zählt, ist weder das Geld, noch die Macht, noch die Kultur.
Was zählt, ist die Verhaltensweise des Vaters, jene Art, das Leben zu lenken, die unserem Vater eigen ist. So wie er sich zum Sohn verhält, im Geist der Liebe, so sollen sich auch die Kinder untereinander verhalten. Jesus hat es so ausgedrückt: „Damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist.” [Joh 17,26]
Dein Reich komme!
Unter uns sei deine Art zu lieben klar und deutlich. Unter uns soll sich deine Liebe klar erweisen, die das Leben geben kann, die Initiativen zugunsten anderer ergreifen kann, die niemanden verläßt, die den Bösen und Perversen nicht ausschließt, die verzeihen kann, die mit Freude und ohne Tadel denjenigen annehmen kann, welcher demütig zurückkehrt, die jene überzeugen kann, welche ohne Barmherzigkeit denken, die nicht den Tod der Sünder will, sondern ihr Heil.
Unter uns gelte deine Art, jedes Geschöpf zu schätzen, um es zugunsten des Menschen zu unterwerfen und zu gebrauchen. Unter uns fasse deine Art Fuß, keinen Unterschied zwischen Reichen, Armen und Bettlern zu machen! Unter uns gelte die Fähigkeit, deinen Sohn über alles und alle zu stellen; Ihn, der gekommen ist, die Verlorenen zu suchen, und um uns dich als Vater zu offenbaren.
Das Reich des Vaters ist eine Art von Zusammenleben, wir mit dem Vater, belebt vom Heiligen Geist: „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, es ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist.” [Röm 14,17]
Das Reich Gottes ist kein materielles Reich. Es beschäftigt sich nicht vor allem mit dem, was den Leib betrifft, um den technischen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Im Reich Gottes achtet man auf den Willen des Vaters, auf das Teilen mit den Brüdern, und darin besteht die Freude und das Fest aller.
Die Freude aller entsteht in dem Frieden, der nicht nur Mangel an Konflikten bedeutet, sondern den Willen und die Fähigkeit, die Gaben Gottes, seien es die geistlichen, seien es die materiellen, zu teilen. Dieser Friede entsteht in der Gerechtigkeit, das heißt in der Bereitschaft, den Willen des Vaters zu erfüllen!
Der Heilige Geist ist das Erkennungszeichen dieses Reiches und das Band, das seine Glieder verbindet.
Dieses Königtum stellt ein neues „Reich” her. Die Grenzen dieses Reiches sind nicht territoriale Grenzen, noch können es nationale oder sprachliche oder rassische Grenzen sein! Auch sind es keine kulturelle, ökonomische oder geographische Grenzen.
Die Grenzen dieses Reiches führen durch das Herz des Menschen. Ich selber bin es, der sich auf die eine oder auf die andere Seite schlagen kann, innerhalb oder außerhalb. Wenn ich mich in der Position des Sohnes vor den Vater stelle, dann bin ich drinnen. Die Stabilität dieser Position ist noch nicht in mir, der ich unten bin, sondern im Sohn, in Jesus.
Daß ich Jesus annehme, ist deshalb entscheidend.
Dieses Reich in mir kann zunehmen, kann immer mehr Raum einnehmen, kann immer mehr Festigkeit und Sicherheit gewinnen. Um zu existieren, muß es innere Barrieren brechen, die mein Stolz, mein Ehrgeiz und meine „Überlegungen” ständig aufrichten.
Das Reich des Vaters innerhalb meines Lebens verursacht bedeutende Veränderungen und große Revolutionen: alle innerlich, die man dann sogar äußerlich sehen kann. Wenn der Vater in mir regiert, suche ich nicht mehr „das Meine”, noch das „Ich” in den Vordergrund zu stellen. Es existiert keine nachtragende Empfindlichkeit mehr, auch der Zorn kommt nicht mehr heraus. Außerdem verschwindet der Neid, und das einzige Gefühl, das die Antipathien ersetzt, ist das Mitleid. Die vermeintlichen Feinde werden nicht mehr mit diesem Namen genannt, sondern sind zu rettende Personen, Personen, zu denen jenes Reich kommen soll, das auch in meine Widerstände gedrungen ist.
Wenn der Vater in mir herrscht, ist Jesus die einzig wirkliche große Person!
Und nur Er!
Vater, herrsche über mich! Herrsche in mir!
5. DEIN REICH KOMME
C.
„Dein Reich komme”
Das Reich des Vaters ist ein Reich, das ständig im Kommen ist, es ist nie ganz errichtet. Da seine Grenze durch das Innere unserer Herzen geht, ist der Kampf für seinen Sieg und seine Verbreitung ständig im Gange. Jeder, der an diesem Reich teilhaben will, muß harte Kämpfe gegen den eigenen Egoismus und gegen den eigenen Machthunger bestehen. Wer in diesem Reich ist, muß das Herz als Sohn beibehalten, um ganz die Gegenwart des Vaters, seine Art zu lieben und zu handeln, zu spüren; er muß daher ständig „Kind” werden, er muß die natürliche Neigung, „groß” zu sein – die wir in unseren versteckten Wünschen haben – besiegen. Wer an diesem Reich teilhaben will, muß gegen den falschen Freiheitsgedanken kämpfen, den wir in uns tragen. Wir glauben, frei zu sein, wenn wir alle unsere Leidenschaften befriedigen können, und wir merken nicht, daß dies hingegen eine Versklavung ist, die uns und die anderen leiden läßt, weil sie uns der Gemeinschaft mit dem Vater beraubt, die einzig unser Herz mit festlicher Freude erfüllt.
Der heilige Paulus drängt darauf, uns zu ermutigen, diesen Kampf mit Offenheit und Entschiedenheit aufzunehmen. „Daher soll die Sünde euren sterblichen Leib nicht mehr beherrschen, und seinen Begierden sollt ihr nicht gehorchen. Stellt eure Glieder nicht der Sünde zur Verfügung, sondern stellt euch Gott zur Verfügung und stellt eure Glieder als Waffen der Gerechtigkeit in den Dienst Gottes. Die Sünde soll nicht mehr über euch herrschen, denn ihr steht nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade.” [Röm 6,12-14]
Was in uns herrscht, was Raum in unseren Wünschen findet, ist die Sünde, das heißt die Ferne von Gott, eine Ausrichtung, die ohne Ihn auskommen will, wenn sie sich nicht sogar gegen seine Weisheit und Liebe stellt. Sünde ist der Weg, der in die Gegenrichtung geht zu dem Weg, der uns den Vater begegnen ließe. Diese Sünde herrscht in unserem sterblichen Leib. Die Wünsche der menschlichen Natur sind Bequemlichkeit und Vergnügen, Eitelkeit und Macht, Überheblichkeit und Ehrgeiz. Unsere Seele begibt sich und arbeitet mit großer Leichtigkeit in diese Richtung.
„Stellt euch Gott zur Verfügung.”
Der Sieg beginnt mit einem Akt des Gehorsams und der Liebe. Wenn wir den Blick erheben, um Gott zu begegnen, merken wir, daß wir der Liebe eines Vater, der Unentgeltlichkeit eines Geschenkes, der Anziehungskraft seiner Lichte begegnen. Und dann ist es für uns nicht mehr schwer, uns in seine Arme zu werfen und uns ihm anzubieten. Wir merken, daß seine Weisheit kein Gesetz ist, das uns unterdrückt, sondern eine Liebesgabe, die uns rettet, eine „Gnade”.
Wir werden zulassen, daß die Liebe uns erfüllt und uns zu Mitarbeitern macht, die nur sein Reich suchen.
Schon Jesus hatte gesagt: „Sucht das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und alles andere wird euch dazugegeben werden.” [Mt 6,33] Dies ist der Weg wahrer Kindschaft, der Gott erlaubt, seine Vaterschaft kundzutun. Suchen wir sein Reich!
Ich suche es zuerst in mir, ich versuche, in allem gehorsam zu sein, ein Träger jener Liebe zu sein, die das Herz des Vaters bewegt. Ich suche das Reich des Vaters in mir und um mich herum. Im übrigen hat Er schon daran gedacht und zur richtigen Zeit wird Er vorsorgen.
Das ganze vollkommene Gottesreich im Herzen des Menschen offenbart sich nur in Jesus! Er ist der vollkommene Sohn, in Ihm ist der Vater wirklich „König”. In Jesus wird jedes Wort des Vaters mit Liebe verwirklicht, in Jesus findet das Reich Gottes keine Hürden. Mit seiner Unterordnung und mit seiner gehorsamen Liebe läßt Jesus die väterliche Liebe Gottes, seine königliche Würde aufleuchten! Und in der Person Jesu, mit allem was er tut und sagt, offenbart sich das wahre „Reich” des Vaters, sein Reich, das keine Grenzen kennt. Gott kann alles von Jesus verlangen, sogar zu leiden, zu schweigen und zu sterben. Und Jesus macht das alles mit göttlicher, reiner Liebe, mit einer vollkommenen Selbstaufopferung ohne Zögern und ohne Einschränkung.
Jesus ist der „Ort”, wo der Vater regiert; und so wird er die Person, die uns das Königtum des Vaters zeigt. Als Pilatus ihn dazu befragte: „Bist du der König der Juden?”, hat Jesus sich klar geoffenbart: „Dazu bin ich in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.” [Joh 18,37]
Jesus ist gekommen, um die Wahrheit zu offenbaren, das heißt die Liebe des Vaters, die sonst von den Menschen nicht erkannt wird. Jesus zeigt den Vater, er schenkt seine Liebe, er vertritt sein Königtum für das Volk Israel und für alle Völker.
Es gibt andere, die an dieser Offenbarung mitarbeiten, es sind jene, die „auf seine Stimme hören”.
Auch ich will innerhalb der Grenzen dieses Reiches sein; ich höre deshalb auf seine Stimme. Ich nehme seine Worte an und merke auf den Ton, mit dem er sie spricht. Eine große Liebe zu Gott erfüllt den Ton, eine Liebe, von der auch ich mich geliebt fühle. Seine Worte werden ohne Gewalt und Forderung gesagt, seine Stimme klingt so, daß sie die Aufmerksamkeit auf sich zieht und den Wunsch weckt, zu antworten. Jesus selbst hat den Wunsch anerkannt, als er so betete: „Du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben.” [Joh 17,2] Jeder Mensch fühlt sich wohlwollend von der Liebe Jesu „unterjocht” und sich von ihm angezogen. Und dies ohne, daß Jesus herrschen will; im Gegenteil, er zieht den Blick aller auf sich, wenn er erhöht wird, wenn er ganz und für immer darauf verzichtet, für sich irgend einen Wunsch zu haben. In diesem Moment wird die Prophezeiung Wirklichkeit, die der Erzengel Gabriel zu Maria gesagt hatte: „Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.” [Lk 1,33]
In dem Augenblick, wo Jesus ganz ins Reich des Vaters eingeht, fängt er an, für immer zu regieren. Und der Erste, der das genießt, ist der Verbrecher, der – nachdem er der Versuchung seines Mitgekreuzigten, der Vorsteher und der Soldaten widerstand – sich öffentlich bloßstellt und zeigt, daß er ihn respektiert und liebt.
5. DEIN REICH KOMME
D.
Auf der Erde gibt es die Feinde des Reiches Gottes, die vom heiligen Paulus mit den Worten Mächte, Gewalten und Kräfte [1 Kor 15,24] bezeichnet werden. Diese Ausdrücke betonen den Macht- und Befehlshunger, der sich in ihnen entwickelt. Sie werden von Jesus „zunichte gemacht”. Indem Er nämlich das Werk des Fürsten dieser Welt [Joh 14,30] auf sich genommen hat und indem Er dem Vater das Leiden als seinen Liebesbeweis aufopfert, entzieht Er dem Feinde jede Kraft. Diesem gelingt es nicht, daß der Sohn gegen den Vater rebelliert, ihm gelingt es nicht, daß sich ins Herz Jesu Gewalt- oder Rachegefühle einschleichen. Der Fürst dieser Welt hat über Ihn keine Macht; so kann Jesus dem Vater das Reich ganz unversehrt zurückgeben.
Das Königtum, das Jesus der ungläubigen Welt zeigt, „ist nicht von dieser Welt” . Pilatus muß nicht fürchten, vom Reich Jesu entmachtet zu werden. Ihn, den Furchtsamen, erinnert Jesus daran: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.”
Das Reich, das ihm anvertraut ist, hängt nicht von den Menschen ab: es wird nicht von ihnen geschaffen, noch kann es durch Geburt vererbt werden, noch kann es mit menschlichen Methoden verteidigt werden. Das vom Menschen beabsichtigte und von dessen Macht verteidigte Reich offenbart nicht das Reich des Vaters. Die menschlichen Methoden kennen die Gewalt, sie ziehen die Annahme der Einflüsterung Satans nach sich. [Mt 20,24.28]
Die Feinde des Reiches Gottes können nur dessen Reinheit aufleuchten lassen, seine tiefsten und spirituellen Eigenschaften unterstreichen, sein Wesen, das heißt die Liebe des Vaters ans Licht bringen. So wie das Gold, das im Feuer von den Schlacken getrennt wird, und in seiner ganzen Schönheit glänzen kann.
Jesus hält das Reich Gottes für einen Schatz, auf den er eifersüchtig ist. Er zeigt allen seine Wege, angefangen schon an dem Tag, an dem er die erste Begegnung mit der Menge auf dem Berg hat. Dort verkündet er: „Selig die Armen im Geiste, denn ihnen gehört das Himmelreich.”
Das Königtum Gottes ist im Leben der Armen im Geiste schon gegenwärtig. Diese Personen haben beschlossen, vom Reichtum getrennt zu leben, auf ihn nicht ihre Sicherheit zu setzen und ihn nicht zu suchen, als ob das Heil vom Besitz abhängen würde. Diese Personen, welche die Armut als etwas Normales wählen, haben den Götzendienst verlassen und besitzen schon das Himmelreich.
Sie sind die Armen, die nur auf den Vater vertrauen!
Sie sind diejenigen, welche sich alles von Ihm erwarten, auch ihre Heiligkeit und ihr Heil als Geschenk des Vaters. Diese sind imstande, den Sohn zu empfangen, das vollkommene Reich Gottes! Ja, gerade durch ihre Abhängigkeit vom Vater und die daraus folgende freiwillige Armut, haben sie schon den Geist des Sohnes empfangen, und sie freuen sich an seiner Fülle. Wer die Armut wählt, wählt Gott Vater als seinen Gott, als seinen König!
„Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich!” Auch jene, die in der Welt treu den Willen des Vaters suchen und ihn befolgen, gleichen dem Sohn, tragen seinen Geist in sich und nehmen so auch an seinem Königtum teil. Die Verfolgung ist ihre spezifische Situation, die gleiche, die Jesus – den Sohn Gottes – getroffen hat. So wie Ihm, raubt ihnen das Leid, das ihnen der Feind Gottes zufügt, die königliche Würde nicht. Im Gegenteil, es unterstreicht sie und gibt ihnen Gelegenheit, sich mit größerer Entschlossenheit und Treue an den Vater zu klammern: sie sind sein Reich!
Zu ihnen kann Jesus sagen: „In allen meinen Prüfungen habt ihr bei mir ausgeharrt. Darum vermache ich euch das Reich, wie es mein Vater mir vermacht hat. Ihr sollt in meinem Reich mit mir an einem Tisch essen und trinken und ihr sollt auf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten.” [Lk 22,28-30]
Jesus freut sich, mit den Seinen das Reich seines Vaters zu teilen. Die Seinen sind jene, die nicht vor der Prüfung geflüchtet sind, sie nicht gemieden haben, sondern die sie „ausgehalten” haben. Sie haben das Ärgernis und die Torheit des Kreuzes erlitten. Es scheint unmöglich, daß Gott dort gegenwärtig ist, wo ein Kreuz ist, ein beschämender Tod, die Ablehnung seitens jener, die zählen. Die Jünger Jesu harren aus, sie bleiben Ihm treu, sie leiden mit Ihm. Sie werden zusammen mit Ihm herrschen, denn das Königtum Gottes erstrahlt über ihnen, und sie sind der Ort, wo der Vater seinen Willen realisiert sieht.
„Wenn wir standhaft bleiben, werden wir auch mit ihm herrschen.” [2 Tim 2,12]
„Wer siegt, der darf mit mir auf meinem Thron sitzen, so wie ich gesiegt habe und mich mit meinem Vater auf seinen Thron gesetzt habe.” [Offb 3,21]
Wie soll man sich über solche feierlichen und wiederholten Verheißungen freuen? Wir sind schon „selig”, schon herrscht die Freude in unserem Herzen. Deshalb ist der Christ jener, der die Hoffnung nicht verliert, noch die Heiterkeit, wenn auch mitten in den Schwierigkeiten und im Unverständnis. In ihnen leuchtet das Reich des Vaters wie ein Licht in einem dunklen Raum!
5. DEIN REICH KOMME
E.
Wenn ich am Reiche des Vaters teilhabe, wenn ich in seinem Reich bin, kann ich im inneren Frieden anfangen zu leben. Er selber ist es nämlich, der sich um sein Reich sorgt. Wir gehorchen ihm, um als die Seinen anerkannt zu werden, und Er „benimmt” sich als Vater uns gegenüber!
Wie ein Vater seinen Kindern gegenüber, so verhält sich Gott Vater uns gegenüber. Mit Liebe und Aufmerksamkeit wird Er es an nichts fehlen lassen, was für uns notwendig und nützlich ist. Diese Erfahrung haben alle Heiligen gemacht, denen das Reich Gottes auf Erden ein Anliegen war. Sie haben diese Erfahrung gelebt, und jetzt leben es alle Christen, die auf Gott vertrauen, besonders indem sie das Wort Jesu befolgen und sich nicht darum sorgen, sich selber zu verteidigen und sich irgendwie zurecht zu finden. Wir werden merken, daß Gott selber uns regiert.
Er hat es versprochen: „Ach, daß mein Volk auf mich hörte, daß Israel gehen wollte auf meinen Wegen! Wie bald würde ich seine Feinde beugen, meine Hand gegen seine Bedränger wenden.” [Ps 81,14-15]
Niemand, der „einen fremden Gott anbetet” [Ps 81,10], kann teilhaben am Reich Gottes. „Kein Götzendiener wird Anteil haben an dem Reich Christi und Gottes”. Kein Götzendiener, niemand, der auf sich selber und auf seine eigenen Begierden hört, auf den Geiz und auf den Machthunger. Wer mit diesen „Göttern” im Herzen lebt, genießt nicht den Frieden des Reiches Gottes.
Das Reich Gottes, gerade weil es anspruchsvoll ist – man könnte sagen totalitär, denn es stellt den Anspruch, daß kein anderes Wort als jenes von Jesus angenommen wird – ist ein Reich, das ständig „gesät” werden muß, und es wird im ganz kleinen Maß gesät. Aber obwohl seine Anfänge in einer bestimmten Umgebung klein sind, hat es die Kraft zum Wachsen und zum Sich-Entwickeln in sich, wie ein winziges Senfkorn. [Mt 13,31]
Es ist ein Reich, das immer verborgen ist. Es hat keine Grenzen, noch Äußerungen von Größe, die den Blick faszinieren. Wer daran teilhat, ist immer demütig, aber überall, wo dieses Reich gegenwärtig ist, wirkt es, indem es wie ein Ölfleck die Liebe und Barmherzigkeit verbreitet; überall, wo es verborgen ist, läßt es sich erkennen, indem es die sozialen und gemeinschaftlichen Beziehungen in geschwisterliche und solidarische Beziehungen verwandelt. Es ist ein Reich, das die Eigenschaften des Sauerteigs hat, der sich mit dem Mehl vermengt, um Brot zu werden.
Das Reich Gottes leuchtet nicht, ist nicht leicht greifbar, man muß es dort suchen, wo es niemand erwartet; es ist ein verborgener Schatz. Es ist ein Schatz, der jene Freude und Genugtuung schenkt, die nirgendwo sonst gefunden werden können. Es ist verborgen; es muß mit Sorgfalt gesucht werden. Es ist im Acker versteckt; es kostet Mühe, ausgegraben zu werden, und man muß die Verspottung jener erdulden, die den Acker nicht schätzen können – einen Acker, der nicht anders als andere Äcker ist. Der Acker muß gekauft werden, bevor man den versteckten Schatz besitzt. Man wird Schatzbesitzer, wenn man Feldbesitzer wird!
Das Reich Gottes befindet sich in normalen Situationen der Mühe. Du kannst dich daran freuen, wenn du diese Lebenssituation als die ganz deine angenommen hast, die von außen total unbedeutend und wertlos erscheint. Die Freude am Reich Gottes ist jene des Perlenhändlers, dem es gelingt, die schönste und größte Perle zu besitzen. Obwohl er schon kostbare Perlen besitzt, ist er nicht zufrieden, er sucht weiter. Nachdem er die beste Perle gefunden hat, ist es für ihn nicht schwer, sich von den anderen zu trennen.
Er muß sich von ihnen trennen, um die einzige, die schönste zu haben. Das Reich Gottes gehört dir, und du bist ganz in ihm, wenn du alle anderen Werte abgegeben hast und für dich nur den einzigen behältst: den Sohn Gottes!
Gerade Er verkündet es [Mk 1,15; Lk 16,16] und Er verkündet es als einen Kampf, als eine Mühsal. Um in dieses Reich einzutreten, ist eine Überwindung notwendig, denn die Tür ist eng. [Mt 7,13] Die Überwindung besteht darin, alles zu verkaufen, die anderen Perlen zurückzulassen, die bis dahin für die schönsten gehalten wurden. Die Mühsal ist der Gehorsam. „Nicht jeder, der zu mir: ‚Herr! Herr!‘ sagt, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.” [Mt 7,21]
Mühe kostet es auch, im Reich Gottes zu bleiben. In ihm – ob in unserem Herzen oder in der Gemeinschaft mit anderen – gibt es noch Skandale und Verursacher des Bösen. In meinem Herzen wimmelt es ständig von Hürden gegen den Gehorsam gegenüber dem Wort des Vaters, Hürden gegen den vollkommenen Glauben und ein Nachgeben an egoistische Werke. Und genauso in den Herzen anderer, die wie ich schon die ersten Schritte gemacht haben, um ins Reich des Vaters einzutreten. Es ist das Unkraut, das bleibt, das nicht sofort ausgerissen werden kann.
Das Reich Gottes ist also nicht nur Genuß, nur Wohlbefinden, wie manche Prediger verkünden. Das Reich Gottes entfernt nicht das Kreuz, denn von ihm lebt es, mit dem Kreuz ist es erschienen und in ihm rühmt es sich.
Das Reich Gottes trägt immer das Kreuz; es steht immer unter Verfolgung. „Dem Himmelreich wird Gewalt angetan, die Gewalttätigen reißen es an sich.” [Mt 11,12] Es gibt immer jemanden, der die Jünger Jesu „ohne Grund” haßt. [Joh 15,25] Immer ist „die Finsternis” am Werk, die das Licht ersticken will. Der Böse findet immer Mitarbeiter, die versuchen, das Himmelreich zu zerstören und es von der Erdoberfläche auszulöschen. Aber es gelingt ihm nicht, im Gegenteil, es gelingt ihm nur, dessen Schönheit und Glanz hervorzuheben, denn jene, die Gegenstand seines Hasses und seiner Gewalt sind, antworten mit Liebe, reagieren mit dem Guten, sie bleiben treu in der Liebe zu Jesus.
Wir selber, du und ich, Glieder des Reiches Gottes, werden uns nicht nur freuen, vom Vater geschützt zu sein, sondern wir werden mit Jesus herrschen! Wir werden teilhaben an seinem Königtum und an seiner Autorität, „nicht wie die Herrscher dieser Welt”, sondern nach seiner Art. „Wer der Erste unter euch sein will, soll der Diener aller sein.” [Mt 20,25-28]
Und das geschieht schon jetzt. Das ist der eindeutige Beweis, daß wir schon mit vollem Recht im Reiche sind!
5. DEIN REICH KOMME
F.
Das Reich gehört dem Vater, aber der Vater hat den Königstitel Jesus gegeben. So wie Jesus den Menschen das Königtum des Vaters geoffenbart hat, so hat er auch unter ihnen konkret seine Königsherrschaft angetreten.
Es gibt einen konkreten Ort, wo das Reich Gottes sich manifestiert, jenes Reich, das ich wünsche, daß es komme! Wo können wir es sehen, ihm begegnen?
Wir beziehen uns immer auf Jesus! Von wem ist Er das Haupt? Jesus ist das Haupt des Leibes, der die Kirche ist! Seine Jünger, mit Ihm und unter sich verbunden durch den Heiligen Geist, sind die Kirche, sein Reich, der Ort, wo Er als König anerkannt wird, und als solchem wird Ihm gehorcht, und wird Er geehrt.
Schämen wir uns nicht der Kirche, obwohl sie nur Sünder vereint, denn auch diese ist sein Werk: „Er hat uns zu Königen gemacht.” [Offb 1,6] Wir müssen uns unserer Sünden schämen, unseres Ungehorsams, unseres Streites, aber nicht seines Werkes.
Die Kirche ist das Reich Gottes!
Leider verwirklicht es die Kirche nicht ganz, gerade wegen der Sünde, die in ihren Gliedern noch am Werk ist. In der Kirche muß sich noch ein jeder bekehren. In ihr wird noch „dem Frevler” Raum gegeben. In ihr gilt die Einladung: „Der Heilige strebe weiter nach Heiligkeit.” [Offb 22,11]
In der Kirche gibt es noch jemanden, der sein Auge, seinen Fuß, seine Hand für wichtiger hält [Mk 9,47], „als ins Leben einzugehen”.
Dennoch gibt es in der Kirche, trotz dieser von Menschen gesetzten Grenzen, die „Fülle”: die Fülle der Gabe Gottes, die Fülle der Liebe des Vaters, die Fülle der Heiligkeit, die Fülle der Herrlichkeit! In der Kirche zeigt sich das Reich des Vaters durch die Weitergabe seines Wortes und seiner Vergebung, mit der Hingabe seines Lebens und seiner Heiligkeit, mit der Annahme des Leibes und Blutes seines Sohnes! Die Geheimnisse der göttlichen Liebe – gelebt und sakramental angenommen – sind das Leben, das Rückgrat der Kirche. In ihr kann ich Teilhaber der Wohltaten des Reiches werden. Als Haupt der Kirche wurde der eingesetzt, der die Schlüssel des Reiches in seiner Hand hält.
Wenn ein Mensch durch die heilige Taufe in die Kirche eintritt, nimmt er am Königtum Jesu Christi teil: er wird darin gesalbt und geweiht. Seine Schwachheit, seine Sünde, seine Unwissenheit, seine Mängel können dieses Königtum verschleiern und unwirksam machen, aber sie können es nicht wegnehmen.
Sein Hinhören und sein Gebet, seine Demut und sein Dienst, seine Liebe zu Jesus und seine Gemeinschaft mit den Geschwistern werden dieses Königtum hingegen spürbar machen und seinen Glanz offenbaren. Die Kirche offenbart und bietet dem Reich Gottes auf der Erde einen konkreten Ort, aber sie begrenzt ihn nicht.
Auch außerhalb der Kirche erweckt der Heilige Geist Hingabe an Jesus! Das Reich Gottes fängt außerhalb der Kirche an, wo manch einer anfängt, mit Sympathie und Liebe auf den Sohn Gottes zu schauen!
„Wer nicht gegen uns ist, ist für uns” [Mk 9,40], hat der Herr zu den Seinen im Hinblick auf einige gesagt, die mit Ehrfurcht und Liebe seinen Namen aussprechen. Im Reich Gottes sehen wir keine anderen Grenzen als jene, die wir in unserem Herzen tragen.
Wir können uns rühmen, Glieder der Kirche zu sein, aber ohne persönlichen Stolz, denn wir müssen uns noch bekehren. Wir können uns rühmen, in der Mitte der Offenbarung des Reiches des Vaters zu sein, aber ohne die anderen zu richten. Sie können uns vorausgehen, auch wenn sie „Zöllner” oder „Dirnen” sind! Der Verbrecher ist allen vorausgegangen, gerade er, der Mörder.
Das Reich Gottes ist schon hier auf Erden gegenwärtig, aber es geht weiter und wird später größer, nach dem Tode. Es ist ein Geschenk des Vaters an die Jünger Jesu: „Euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.” [Lk 12,32]
„Das Himmelreich ist mitten unter euch”, und „es kommt mit Macht”. Man kann es annehmen mit der Bereitschaft eines Kindes [Mk 10,15], man muß es suchen [Mt 6,33] mit vollem Einsatz und voller Entschlossenheit, bereit sogar, sich „das Auge auszureißen”. [Mt 5,29] Man kann es so lieben, daß man sich entscheidet, dafür „zum Eunuchen” zu werden, das heißt auf die Ehe zu verzichten [Mt 19,12], auf eines der heiligsten Rechte des Lebens.
Für das Reich Gottes kann man arbeiten und sich einsetzen, wie der Apostel Paulus von sich selber und seinen Mitarbeitern bestätigt. [Kol 4,11] Für das Reich Gottes arbeiten, entspricht der Verkündigung des Evangeliums, der Predigt vom Tod und von der Auferstehung Jesu; jenes Ereignis, das die ganze Liebe des Vaters auf die Erde gebracht und den Menschen eine neue Orientierung gegeben hat, ist das neue Licht und die neue Kraft, um die ewige Gemeinschaft in der Zeit zu leben!
Das Reich auf Erden ist schon der Anfang der Ewigkeit und geht weiter über die irdische Erfahrung hinaus. Jesus erklärt: „Ich habe den Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt.” [Offb 1,18] Und über seine Knechte steht geschrieben: „Sie werden herrschen in alle Ewigkeit.” [Offb 22,5] Gerade für das Jenseits gilt: „Danach kommt das Ende, wenn Er seine Herrschaft Gott, dem Vater, übergibt.” [1 Kor 15,24]
Das Gebet, das Jesus in unseren Mund legt: „Dein Reich komme”, ist eine große Bitte, ist das Verlangen nach Gott selber!
Wir bitten, daß alle dem Vater gehorchen und ihn lieben. Wir bitten, daß das Reich Satans abnehme. Er ist der Fürst dieser Welt, der die Menschen versklavt und sie gemeinschaftsunfähig macht. Das Reich der Sünde – gestützt vom Gesetz – möge abnehmen! Wir wünschen eine Liebesbeziehung, eine wahre Gotteskindschaft, eine Gehorsamsbeziehung, gestützt von der Liebe und nicht von der Angst zu sündigen. Wir wünschen, daß der Sohn, Jesus, der Einzige sei, dem gehorcht wird, denn Er ist der Einzige, der das Wort des Vaters bringt! Wir wünschen und tun alles dafür, damit unter uns eine geschwisterliche Beziehung herrsche, eine Beziehung, die auf der Vaterschaft Gottes gründet.
Dein Reich komme!
Es komme das Reich deines Sohnes, der uns Dir zurückgeben wird.
Von ihm steht geschrieben:
„Er wird zu mir rufen:
Mein Vater bist Du! Mein Gott, der Fels meines Heiles! Ich mache ihn zum erstgeborenen Sohn, zum Höchsten unter den Herrschern der Erde.” [Ps 89,27-28]
Dein Reich komme in mein Herz; es offenbare sich immer heller in deiner Kirche und ziehe alle Völker an sich!
Vater unser, dein Reich komme!
6. DEIN WILLE GESCHEHE, WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN
A.
„Laß mich deine Huld erfahren am frühen Morgen, denn ich erhebe meine Seele zu dir.
Lehre mich deinen Willen zu tun, denn du bist mein Gott.
Dein guter Geist leite mich auf ebenem Pfad.” [Ps 143,8 und 10]
Auch die dritte Bitte, die ich dem Vater vorbringe, entspringt der Liebe. Ich weiß, daß ich von Ihm geliebt werde, deshalb bitte ich, daß sich erfülle, was Er will.
Ich bin sicher, daß das, was er will, das Beste ist, daß es wirklich notwendig ist, daß es für mich und für alle das Gute ist. Bevor ich seinen Willen kenne, bitte ich, daß er sich erfüllt: Er ist der Vater. Ich weiß, daß er liebt, und daß deshalb sein Wille sicher Liebe ist. Ich weiß, daß Er das Leben gibt und bin deshalb sicher, daß sein Wille darin besteht, das Leben zu erhalten, zu schützen und zu vervollkommnen.
Dein Wille geschehe!
Alles was existiert, existiert durch den Willen des Vaters. Die ganze Schöpfung ist Offenbarung und Verwirklichung seines Willens. Er hat Himmel und Erde gewollt, und so ist es geschehen. Die ganze sichtbare und unsichtbare Schöpfung ist erfüllt vom Willen Gottes, von seiner Vaterliebe.
„Alles, was dem Herrn gefällt, vollbringt er, im Himmel, auf der Erde, in den Meeren, in allen Tiefen.” [Ps 135,6] Alles ist schon „voll” von seinem verwirklichten Willen. Es geschieht nichts außerhalb des göttlichen Willens: „Ich erschaffe das Licht und mache das Dunkel, ich bewirke das Heil und erschaffe das Unheil: Ich bin der Herr, der alles vollbringt.” [Jes 4,7] „Gutes und Böses, Leben und Tod, Reichtum und Armut kommen vom Herrn.” [Sir 11,14] „Nehmen wir das Gute an von Gott, sollen wir dann nicht auch das Böse annehmen?” [Ijob 2,10] „Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, gelobt sei der Name des Herrn.” [Ijob 1,21]
Alles ist schon im Willen Gottes, und ich sage nochmals, dein Wille geschehe! Warum läßt uns Jesus dann diese Bitte ausdrücken?
Ist der Wille des Vaters noch nicht verwirklicht? Was ist das für ein Gott, der nicht tut, was er will? Ist er vielleicht dazu nicht imstande? Hat er größere Wünsche, als in seiner Möglichkeit steht? Ist er ein zu schwacher „Gott”? Ist er ein „Gott”, der sich nicht durchsetzen kann? Ist Gott nicht ganz „Gott”?
Diese Bitte könnte unverständlich klingen, könnte ein Problem sein für denjenigen, welcher Gott als eine von Menschen erdachte Gottheit sieht. Der Mensch stellt sich Gott vor als einen Herrscher. Ein Herrscher erreicht seine Ziele, setzt seinen Willen durch, auch auf die Gefahr hin, gewalttätig und unbeugsam zu sein. Alles muß geschehen, wie er gedacht und gewollt hat; man braucht ihn nicht daran zu erinnern.
Aber der Gott, den uns Jesus begegnen und erkennen läßt, ist nicht so. Der Gott, den Jesus uns vor Augen und vor das Herz stellt, ist ein Vater, er ist Vati! Der Vati ist kein Herrscher! Er weiß, daß die Kinder sich der Freiheit erfreuen, im Gegenteil.
Er will, daß sie frei sind, und er respektiert ihre Freiheit. Ein Vati wartet darauf, daß die Kinder wachsen, daß ihre Entscheidungen langsam heranreifen. Er will sie in die Verantwortung nehmen, denn er will sie als intelligente und aufmerksame Mitarbeiter für sein Werk haben.
Wenn wir Gott als Vater sehen, können wir verstehen und annehmen, daß sein Wille noch auf dem Weg der Verwirklichung ist. Wenigstens der Wille, den der Mensch realisiert, jener Wille, der Hände, Geist und Herz in Anspruch nimmt, jener göttliche Wille ist noch nicht vollkommen verwirklicht. In seinen Plänen hat der Vater den Menschen als Architekten, als Erfinder und Programmierer vorgesehen. Auch darin ist die ganze Geduld Gottes enthalten.
Die Menschen, denen die Schöpfung anvertraut ist, haben sich auf verschiedenen, gefährlichen Straßen verloren, auf Straßen der Idole des Geistes und des Herzens. Es sind Wege, die sich vom Vater entfernen und die seine Kinder unter sich immer mehr entfremden läßt. Es sind Wege, die falsche Wünsche erwecken, Wege, auf denen Söhne und Töchter den Gottheiten des Ehrgeizes und des Stolzes, des Erfolges und der Gesundheit geopfert werden.
Es sind Wege, auf denen die Menschen – nach kurzer Strecke – mit den Geschwistern zusammenstoßen und Versklavung, Unterdrückung und Leiden verursachen.
An den Kreuzungen dieser Straßen müssen und wollen wir schreien: „Vater, dein Wille geschehe! Nur du kannst uns retten! Nur dein Wille kann die Harmonie unter uns wieder herstellen; nur dein entschlossener und starker Wille zu lieben, kann uns das Leben annehmbar und freudig bereiten.”
Der Vater, der immer Vater ist und nie annehmen wird, Herrscher zu sein, nicht einmal wenn wir, seine Kinder, ihn darum bitten – wie der verlorene Sohn seinen Vater in dem berühmten Gleichnis darum bittet – respektiert das große Geschenk der Freiheit, die unser Ähnlichsein mit ihm offenbart, und er hat Geduld. Das Böse und der Böse wollen das Erfüllen des Willens des Vaters verhindern. Und sie fahren fort, Hürden aufzurichten und Fallen zu stellen. Der Vater will nicht den Tod des Sünders, sondern daß dieser sich bekehrt und lebt; deshalb wartet er.
Sein Warten wird unser Warten, während dem wir unser Wünschen fest auf jenen Willen gerichtet halten, der klar, schön und heilig ist.
Und wir drücken es ohne Unterbrechung so aus:
“Dein Wille geschehe.”
Du bist unser Vater, ändere nicht deine Pläne, ändere nicht dein Handeln, fahre fort, für uns Vati zu sein und verlange von uns, daß wir dich nachahmen. Fahre fort, uns vorzuschlagen, daß wir unsere falschen Wünsche mit den deinen auswechseln. Beharre darauf, das zu wollen, was du geplant hast, denn deine Pläne sind die Pläne eines Vaters; es sind Werke und Gefühle, die das Leben schenken und es auf ganze, freudige und vollkommene Weise nähren. Vater unser, laß dich nicht von unseren Fehlern bedingen, reagiere nicht auf unsere Fehler, auf unseren Ungehorsam und unsere Anmaßung dir gegenüber: Dein Wille soll geschehen, jener Wille, den du hattest vor unserem Abfall, vor unserer Sünde!
Vater unser, dein Wille geschehe!
6. DEIN WILLE GESCHEHE, WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN
B.
Wir bitten den Vater: dein Wille geschehe. Aber wie können wir wissen, daß dieser Wille gut und richtig ist, da wir ihn auf unseren Wegen nicht realisiert sehen. Wege, die vom Egoismus, vom Stolz, von der Sünde, vom Leiden gezeichnet sind?
Wie können wir seinen Willen erbitten, wenn wir ihn nicht kennen?
Vor allem vertrauen wir auf Ihn. Wir wollen Dem vertrauen, der uns das Leben geschenkt hat, der seine Freude und seine Ehre darin findet, es uns zu erhalten! Wir vertrauen unserem Vater. Sein Wille ist der Wille eines Vaters: er liebt uns, er zeigt nur Liebe uns gegenüber, und deshalb kann sein Wille nicht anders sein als gut, weise und fürsorglich. Sein Wille ist ein Wille, welcher der Erde Frieden schenkt: „Friede den Menschen, die guten Willens sind!” [Lk 2,14]
Der ganze Wille Gottes besteht darin, daß die Menschen Frieden haben, daß sie in diese Lebensdimension eintreten, um seine ganze Liebe auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen auszukosten.
Und dann ist der Wille des Vaters, obwohl er auf Erden noch nicht verwirklicht ist, „im Himmel” ganz und vollkommen geschehen, und dort geschieht und entfaltet er sich ständig. Wir können deswegen die Erfüllung des Willens des Vaters ständig betrachten. Es genügt, daß wir den Blick fest auf den Himmel gerichtet halten!
Kopf nach oben? Nein, sondern geschlossene Augen und offenen Geist auf jenen Ort gerichtet, wo die Liebe Gottes keine Grenzen im Willen des Menschen findet. Der Himmel ist der „Ort”, der nicht berührt ist von den unreinen und bluttriefenden Händen des Menschen. Der Himmel ist der Teil der „Schöpfung”, der nicht verändert ist vom Eingriff des Menschen, des Sünders. Im Himmel gibt es keinen Egoismus, der die Liebe blockiert und behindert. Im Himmel kennt man keine Rebellion noch Sünde. Im Himmel entfaltet sich frei und in Fülle die Liebe des Vaters, dort wird sie angenommen, und man antwortet auf sie in angemessener Weise. Dort leuchtet der Wille des Vaters. Dort kann man „sehen”, daß sein Wille Liebe ist, Harmonie, die alles erleuchtet und alles zum Fest und zur Freude werden läßt.
Aber wo ist dieser „Himmel”, den wir betrachten können und von dem wir uns inspirieren lassen können?
Wo ist der Ort, den wir noch nicht verdorben und dem Willen des Vaters verschlossen haben? Wo ist der Ort, wo Satan keinen Einfluß hat und wo er nicht eindringen kann, um alles durcheinander zu bringen und zu zerstreuen?
Diesen Ort haben wir gefunden, er ist endlich vor unseren Augen. Er ist „das Herz” des Sohnes, es ist das irdische, menschliche, wirkliche Leben des Sohnes Gottes. Über ihm „stiegen die Engel auf und nieder,” [Joh 1,51] über Ihm ist der Himmel offen. In seinem Leben offenbaren die Engel, die Boten Gottes, den Willen des Vaters und bekommen ununterbrochen Antwort. Sie werden nicht müde, auf- und niederzusteigen, denn in Ihm findet die Liebe des Vaters keinerlei Verzug.
Der Fürst dieser Welt „hat keine Macht über mich”, [Joh 14,30] hat Jesus bekräftigt. Sein Leben ist das Reich des Vaters, der „Ort”, wo der Wille des Vaters erfüllt wird. Der Sohn Gottes ist der Bezugspunkt, um den Willen des Vaters schon erfüllt zu „sehen”.
Wenn wir sagen „wie im Himmel so auf Erden”, denken wir gerne an die Engel,
„an die starken Helden, die seine Befehle vollstrecken, seinen Worten gehorsam; an seine Diener, die seinen Willen vollziehen.” [Ps 103, 20-21] An die Engel können wir sicher denken, aber wir sehen sie nicht. Sie sind gehorsam, aber wir bleiben unzufrieden, denn wir müssen sie uns „vorstellen”, und indem wir uns Bilder machen, bleiben wir in der Unsicherheit unserer Ideen.
Indem der Sohn Gottes Mensch geworden ist, erlaubt er uns zu „sehen”, wie sich in unserer Situation jener göttliche Wille konkretisieren kann, der sonst vom Schleier der Ewigkeit verborgen bleiben würde.
Das Leben Jesu, von Betlehem bis zum Grab in Jerusalem, zeigt uns ganz, welches die Gedanken, die Wünsche und die Pläne Gottes sind. In diesem so einzigartigen Leben, das von der Sünde unberührt ist, aber doch unserem so gleicht, sehen wir die volle Harmonie des Menschen mit Gott, das volle Vertrauen des Sohnes zum Vater, ein Vertrauen erprobt sogar durch das Kreuz. Durch dieses Leben stellen wir fest, daß es der Wille Gottes ist, daß wir für ihn Söhne sind und gleichzeitig, daß wir ihm ähnlich sind, indem wir für einander zu „Vätern” werden, bereit, einander zu lieben bis zur Lebenshingabe, damit andere das Leben haben.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Ja, Vater, ich bitte darum und will, daß deine Liebe auch in meinem Leben verwirklicht wird, so wie im Leben deines Sohnes! Dein Wort erfülle sich in mir hier auf Erden, es erfülle sich ganz nach deinem Wunsche.
Ich weiß, daß er für mich Leben, Freude und Fülle ist. Ich weiß, daß dein Wunsch das Absterben jener Wünsche bedeuten kann, die ich mir zurecht gelegt habe, jener Träume, die ich gehegt habe, und auch jener Werke, die ich schon vollbracht habe, als ich dachte, der Welt nützlich zu sein. Ich weiß, daß dein Wunsch im Gegensatz zu den mir nahestehenden Personen sein kann, und daß ich deswegen Haß, Gleichgültigkeit, Verspottung oder Feindschaft ernten kann.
Dein Wille geschehe an mir, was immer es mich auch kostet. Ich bin froh, dein Mitarbeiter zu sein!
6. DEIN WILLE GESCHEHE, WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN
C.
Was verstehen wir unter „Wille” des Vaters? Ist es etwas, das er aufzwingen will?
Ist es eine Laune von Ihm, die man auf jeden Fall erfüllen muß?
Wille des Vaters ist Liebe!
Er hat uns geschaffen, er hat uns gewollt. Unsere Existenz ist schon sein Wille. Sein Wille ist Liebe, die – wenn wir sie annehmen – uns seine Hingabe, seine selbstlose Aufopferung mitteilt.
Die Liebe Gottes ist die Bewegung, die durch den Vater den Sohn gebiert und durch den Sohn dem Vater antwortet, indem er sich selbst opfert. Der Wille Gottes ist, daß diese seine Liebe sich ständig und überall fortsetzt, auch in der Zeit, in die wir hineingestellt sind, und in unserem Raum, daß sie in unserem Herzen und in unserem Willen, in meinem Denken und in meinem Tun Ausdruck findet.
Aus dieser Liebesbewegung, die sich auf Liebeswegen ausdrückt, ist der Mensch schon am Anfang ausgetreten und tritt jetzt noch aus. Der Mensch ist aus dem „Paradies” herausgetreten und fährt fort, aus der Harmoniebeziehung mit Gott auszutreten, weil er eine Freiheit und eine Selbständigkeit will, welche die Liebe – echte Ähnlichkeit mit dem Schöpfer – zerstören, unter dem Vorwand, sie mit der eigenen Rebellion zu gewinnen.
Die Liebe des Vaters will von neuem den Menschen an sich ziehen, sie will ihn weiterhin als Freund, mehr noch als Sohn. Die Liebe des Vaters will verzeihen, sie will die Fehler aller Menschen gutmachen. Das ist der Wille des Vaters: daß jeder von uns in die Liebesbewegung zurückkehrt; das ist das Heil der Menschen. Dies ist „sein gnädiger Wille” [Eph 1,5], „in Christus alles zu vereinen, was im Himmel und auf Erden ist”. [Eph 1,10] Alle Dinge müssen also zu ihrem Bezugs- und Einheitspunkt „Christus” zurückfinden, denn Er ist seit jeher in der göttlichen Liebe.
Als ich als Student in einer Fabrik in Deutschland arbeitete, stellte ich fest, daß meine Mühe mich den ausgewanderten Arbeitern nahe sein ließ; mir kam vor, daß ich so – auch ohne Worte meinerseits – Jesus dienen konnte, indem ich Ihn in meinem Herzen zu ihnen trug. Jesus Christus war der Bezugspunkt in meiner Arbeit, der so den Willen des Vaters verwirklichte.
Ich bereute nie diese Mühe, im Gegenteil, noch heute freue ich mich an der Erinnerung. Sie hatte Jesus Christus als Bezugspunkt und machte mich – mit Ihm – zum Sohn für den Vater!
Der Vater „will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen”. [1 Tim 2,4] Dies sind Worte, die klar ausdrücken, welches der Wille des Vaters ist, und trotzdem erscheinen sie noch voll Geheimnis. Was heißt, „daß alle Menschen gerettet werden”?, und wie können sie „die Wahrheit erkennen”?
Die Menschen – alle, wie der hl. Paulus in den ersten Kapiteln im Brief an die Römer unterstreicht – sind nicht gerettet!
Alle Menschen sind fern von Gott, alle verlieren sich auf dunklen Wegen, alle irren in der Unsicherheit umher und ab und zu merken sie, daß sie auch von den eigenen „Sicherheiten” betrogen werden. Alle müssen gerettet werden, niemand ist imstande, sich selber zu retten. Der Vater will sie retten, indem er ihnen „die Wahrheit erkennen” läßt. Er will sich in ihren Augen sichtbar machen. Er will in ihrem Blick seine überall versteckte Liebe aufscheinen lassen, damit sie – wissend, daß sie geliebt werden – mit der Liebe antworten können und sich selber zur Gabe machen. Er verwirklicht diesen Liebeswillen, indem Er seinen Sohn vor die Menschen stellt: „Denn es ist der Wille meines Vaters, daß alle, die den Sohn sehen und an ihn glauben, das ewige Leben haben”. [Joh 6,40]
Der Vater will den Sohn den Menschen zeigen, die außerhalb des Paradieses geboren sind, außerhalb der Vertrauens- und Liebesbeziehung mit Ihm. So werden sie verstehen und sehen, welche Art zu leben Ihm gefällig ist; es ist jene Art, welche für sie selber die wahrste und vollkommenste ist.
Es ist der klare Wille Gottes, daß wir die Menschlichkeit Jesu betrachten. Jesus ist hoch aufgerichtet worden, damit Er gesehen wird, damit alle den Blick auf Ihn richten können und dazu bewegt werden, mit Liebe auf das Werk der Sünde zu reagieren. Die Sünde aller – sie hat sich der Sünde einiger bedient – hat Jesus am Kreuz erhöht. Wer auf Ihn im Gehorsam zu Gott schaut, begegnet dem Liebesblick des Vaters; er weiß, daß er mit solcher Liebe geliebt wird; er verzweifelt nie mehr an seiner Schuld; er braucht keine Rechtfertigung zu suchen, wie es Adam getan hat, oder Milderungsgründe für seine Sünde, wie wir es machen, denn er sieht die unentgeltliche Sühne dafür schon verwirklicht im Kreuz.
Der Wille Gottes, den Menschen zu retten, das Vertrauen und damit die Harmonie wieder zu gewinnen, ist dort – am Kreuz – schon verwirklicht. Wenn ich daher auf den Gekreuzigten schaue, betrachte ich in Ihm nicht das Werk des Bösen, sondern das Geschenk der Liebe. Und wenn ich jemanden sehe, der leidet und leidend opfert, bin ich getröstet. Jene erhöhte Liebe ist noch gegenwärtig in der Welt. Es ist eine Liebe, die meine und die Rettung vieler garantiert.
Und wenn auch ich wegen einer plötzlichen Krankheit, die mich zur Untätigkeit mit vielen Schmerzen zwingt, gelitten habe, habe ich die Möglichkeit, dem gekreuzigten Jesus jene unendlichen Stunden zu opfern, und dadurch Frieden, Freude und Trost zu spüren. Ich bin sicher, daß jene Momente kostbar waren für die Erfüllung des Willens des Vaters in mir, denn sie gaben mir die Möglichkeit, auf reine Weise zu lieben, also Jesus ähnlich zu werden in seiner selbstlosen Liebe.
Auf Jesus schauen ist Rettung, ist zurückkehren zur Liebe Gottes und Ihm ähnlich werden. Wenn wir den Willen des Vaters betrachten, können wir eine zweifache Bewegung unterscheiden: die erste ist diejenige, welche Er selber in der Welt, für jede einzelne Person und für alle Menschen bewirken will; die zweite ist diejenige, welche Er will, daß wir sie tun zu unserem Wohl und aller Freude.
Diese zwei Aspekte sehen wir vereint im Leben Jesu. Er erfüllt die Schrift, indem Er den Willen des Vater tut, und Er tut ihn wirklich aus Liebe, aus Barmherzigkeit für die Menschen. Die Liebe des Vaters wird zum Willen des Sohnes und die Liebe des Sohnes tritt als Willen des Vaters hervor.
Wir danken dir, Herr Jesus! Du bist das Licht, das der Welt offenbart, wie sehr sie vom Vater geliebt wird, der sie retten will! Mit deinen Worten sagen wir nochmals:
Vater, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden!
6. DEIN WILLE GESCHEHE, WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN
D.
Die Evangelisten zeigen uns ständig, daß alles, was Jesus tat, die Schrift erfüllte. Manchmal geschah dies, ohne daß der Wille Jesu selbst mitwirkte, so während seiner Kindheit. [Mt 2,22 ff; 2,5.15] Andere Male wirkt Er mit und weiß, daß sein Tun die Schrift erfüllt. [Lk 4,17-21; Mt 4,12-16; 5,17]
Es ist schön und bereichernd, alle Evangelien zu lesen und dabei zu versuchen, diesen Aspekt der Liebe Jesu zu erfassen.
Der Autor des Briefes an die Hebräer stellt uns unseren Heiland so vor:
„Darum spricht Christus bei seinem Eintritt in die Welt”... „Ja, ich komme – so steht es über mich in der Schriftrolle- um deinen Willen, Gott, zu tun. ... Aufgrund dieses Willens sind wir durch die Opfergabe des Leibes Jesu Christi ein für allemal geheiligt”. [Hebr 10,5.7.10]
Jesus Christus will, was der Vater will. Diesen Willen liest er im Psalm 40, der im Brief an die Hebräer zitiert wird. Er bietet seinen Leib an, sein Leben als Mensch, damit wir geheiligt werden. Der Wille des Vaters wir der Wille des Sohnes und wird von Ihm völlig verwirklicht.
Wie groß und wie gut ist doch Jesus! Wieviel Licht kommt von der Betrachtung der Einheit des Sohnes mit dem Vater, eine Einheit der Liebe, die uns alle mit einbezieht, und uns so vor dem Zurückziehen auf uns selber rettet. Ich selbst bin nicht imstande, dem Vater und dem Sohn für ihre Liebe zu danken und dafür, daß sie uns diese Liebe haben erkennen lassen. Nur der Heilige Geist, der in mir ist, kann ihr Herz erfreuen; der Geist, den sie selber auf die Gläubigen ausgegossen haben.
Jesus macht seine Jünger ständig darauf aufmerksam, daß Er nur das will, was der Vater will; Er will mit Ihm „eins” sein, so sehr, daß Er allen durch seinen Willen zeigt, welches der Wille Gottes ist. Während Er am Jakobsbrunnen in Samarien sitzt, nimmt Er anhand des Hungers seiner Freunde die Gelegenheit wahr, um ihnen zu sagen: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu Ende zu führen”. [Joh 4,34]
Meine Speise!
Jesus, du wünschst nichts anderes und findest die volle Genugtuung, indem du die Liebe verwirklichst, die Gott zu allen Menschen hat, auch zu jenen, die im Götzendienst und in der Sünde leben. Er will auch den Samaritern begegnen und darunter auch der untreuen Frau, die fünf Männer gehabt und verlassen hat!
Du, Herr Jesus, kennst diesen Willen des Vaters aus der Schrift des Propheten Hosea [Hos 11,8] der seine Liebe zu Ephraim, dem Volk Samarias bezeugt.
Den Samaritern will Jesus das wahre Angesicht Gottes offenbaren, Er will Ihn zu erkennen geben [Hos 6,3] als Vater [Joh 4,21.23], der sich lieben läßt und der liebt, ohne Angst zu machen.
Auch seinen Jüngern hat Jesus den Vater offenbart und er freut sich, es getan zu haben. Dies ist das einzige „Werk”, über das er – wenn man so sagen kann – vor dem Vater stolz ist. „Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart...”
[Joh 17,6.26] und es ist das, was er noch heute tut: „...und ich werde ihn bekannt machen.”
Durch diese Verse aus dem Evangelium können wir sicher sein, daß der Wille Gottes verwirklicht wird, wenn wir Ihn als Vater kennen und Ihn als solchen lieben. Dann wird uns vollkommene Gemeinschaft mit Ihm gegeben, sind wir fast ... vergöttlicht, das heißt wir werden mit der reinsten Liebe gekleidet und gefüllt, „damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und damit ich in ihnen bin.” [Joh 17,26]
Die Liebe des Vaters zum Sohn und der Sohn selber sind in mir, wenn ich Gott als den Vater „kenne”. Nichts ist größer und vollkommener als dieses!
Ich danke dir, Herr Jesus, denn mit der Kraft deines Geistes bewirkst du auch in mir diese Einheit. Dein Heilswerk ist vollendet! Aber fahre fort, deine Kraft aus der Höhe zu senden, damit die Versuchungen mich nicht in den Abgrund meines Stolzes fallen lassen, wo Gott als Macht gesehen wird und nicht als liebender Vati. Dort würde ich mein Leben im Stolz realisiert sehen und nicht im demütigen Opfer meiner selbst. Ich weiß, daß es Wille des Vaters ist, daß Du, Jesus, nichts von dem verlierst, was Er Dir gegeben hat [Joh 6,39], deswegen will ich mit Dir verbunden bleiben. Das ist der einzige Wille des Vaters mir gegenüber, denn wenn ich diesen tue, dann werde ich mit Dir verbunden sein, und ich werde daher die Liebe und die Kraft dazu haben, um die Pläne Gottes zu verwirklichen. „Dieses ist das Werk Gottes: an Den glauben, den Er gesandt hat”. So hat Jesus denen geantwortet, die ihn fragten: „Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen?” [Joh 6,28]
Wenn man nicht den Willen Gottes tun wollte, würde man nicht einmal die Lehren Gottes von den menschlichen unterscheiden können. [Joh 5,30] Die geistliche Unterscheidungsgabe wird nur demjenigen gegeben, der den Willen des Vaters verwirklichen will.
Das Leben Jesu ist ganz Gehorsam aus Liebe. In Ihm ist die Liebe zum Vater so voll und überfließend, daß Er nichts anderes sieht: „Meine Lehre stammt nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat.” [Joh 7,16] Er formuliert nicht einmal für sich selbst eigene Wünsche; sie wären ein Hemmnis, das ihn daran hinderte, ganz Sohn zu sein.
Und trotzdem macht auch Er die Erfahrung mit der Kraft des Willens des menschlichen Fleisches, mit jenem Willen zum Leben, der instinktiv den Tod und das menschliche Scheitern ablehnt. Am Ölberg muß Er bis zum Blutschwitzen kämpfen, um seine Menschlichkeit mit der vollkommenen Liebe des Vaters in Einklang zu bringen und zu erhalten. „Meine Seele ist zu Tode betrübt”... „Er sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst, soll geschehen.” [Mk 14,34.36]
„Und er betete in seiner Angst noch inständiger und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.” [Lk 22,44]
Jesus spürt in sich einen Willen, der sich dem des Vaters entgegensetzt, deshalb „will” Er ihn nicht. Er wählt, die ‚Billigung‘ des Vaters zu vollbringen. Seine Liebe bis in den Tod hinein zu bringen, jenen Tod, den alle Menschen fürchten, wie schon der Prophet verkündigt hatte: „Sein Leben gab er als Sühneopfer hin; der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen.” [Jes 53,10]
6. DEIN WILLE GESCHEHE, WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN
E.
Wie kann ich, der ich nur ein Mensch bin und dazu ein Sünder, erkennen, was Gott selber will? Wie kann ich seine Pläne erkennen? Er selber will seine Pläne den Menschen offenbaren. „Da sagte sich der Herr: Soll ich Abraham verheimlichen, was ich vorhabe? Denn ich habe ihn dazu erwählt, daß er seinen Söhnen und seinem Haus aufträgt, den Weg des Herrn einzuhalten... „ [Gen 18,17.19] Der Psalm 103 sagt ebenso: „Er hat Mose seine Wege kundgetan, den Kindern Israels seine Werke.” [Ps 103,7] Auf dieser Linie fährt Jesus mit seinen Jüngern fort: „Ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.” [Joh 15,15]
Jesus ist der Sohn, der weiß, was der Vater tut, und er offenbart es den Seinen nach und nach, denn auch sie müssen vorbereitet werden, dessen Last zu tragen. [Joh 16,12] Es wird der Heilige Geist sein, der Geist der Wahrheit, der die ganze Liebe und alle Pläne der Liebe des Vaters offenbaren wird. [Joh 16,13-15]
„Der irdisch gesinnte Mensch”, sagt der heilige Paulus, „ aber läßt sich nicht auf das ein, was vom Geist Gottes kommt. Torheit ist es für ihn, und er kann es nicht verstehen, weil es nur mit Hilfe des Geistes beurteilt werden kann.” [1 Kor 2,14]
Jene, denen Jesus den Heiligen Geist gegeben hat, können „die Geheimnisse Gottes” erkennen und damit die Pläne seiner Liebe, und mancher in besonderer Weise; mancher, der von Gott selber auserwählt wurde, zu den anderen in seinem Namen zu sprechen. Und zu diesen gehört Paulus. Hananias sagt nämlich zu ihm: „Der Gott unserer Väter hat dich dazu erwählt, seinen Willen zu erkennen.” [Apg 22,14]
Gerade der Apostel Paulus sagt im Brief an die Römer: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.” [Röm 12,2] Auch uns kann also gegeben werden, den Willen Gottes zu erkennen, aber nur unter der Bedingung, daß wir unser Herz und unseren Verstand vorbereiten. Es ist denen nicht möglich, den Willen Gottes zu erkennen, die sich der Mentalität dieser Welt angepaßt haben, denen, die versklavt bleiben im egoistischen, hedonistischen und materialistischen Denken und Lebensstil. Es ist auch denen nicht möglich, die ein stolzes, besserwisserisches und hochmütiges Herz bewahren. In diesem Sinne muß man die Worte Jesu lesen: „Ich preise dich, Vater, weil du das den Weisen und Klugen verborgen, den Unwürdigen aber offenbart hast.” [Mt 11,25] Um den Willen Gottes zu erkennen, ist eine Vorbereitung notwendig, die in einer tiefen, inneren Umkehr, in einer Veränderung des Herzens und des Verstandes besteht. Es ist notwendig, alle Wünsche aufzugeben, die wir von der Welt erben, ihre Orientierungspunkte in den täglichen Entscheidungen, ihre Bräuche. Damit wir die Gedanken Gottes unserem Denken zugrunde legen, ist es notwendig, es von allen Denkweisen, die uns logisch vorkommen und die wir als sicher voraussetzen, zu entleeren.
Wir sind nicht imstande, die Stimme des Vaters zu hören, wenn wir noch der Welt gehören. Jesus sprach gerade so zu den ihm feindlichen Juden: „Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes; ihr hört sie deshalb nicht, weil ihr nicht aus Gott seid.”.
[Joh 8,47] Und zu Pilatus sprach er: „Wer aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.” [Joh 18,37].
Damit wir den Willen des Vaters hören und erfahren, ist ein asketischer Weg von wirklicher Trennung vom Willen der Welt notwendig. Wenn man nicht frei ist vom Wunsch, gute Figur vor den Menschen zu machen, vom Suchen der gegenseitigen Ehre, vom Anschein, den anderen gleich zu sein, kann es keine Fähigkeit geben, die Offenbarung des Willens Gottes anzunehmen. Die Gedanken Gottes sind natürlich nicht jene der Menschen, sie sind zu weit weg, sie sind zu verschieden. Manchmal vermischen sich sogar die Gedanken der Menschen mit denen Satans.
Jesus sagt wörtlich zu Petrus: „Weg von mir, Satan.” [Mt 16,23]. Er hatte die Art des Denkens der Menschen angenommen. Der Wille des Vaters drückt seine ganze Liebe aus. Wie kann ich ihn erkennen, annehmen und vollbringen, wenn mein Herz noch egoistisch ist, wenn meine Gedanken und Wünsche noch für mich Genugtuung, Ehrgeiz, Reichtum und Ehre suchen?
Ich Armer!
Ich bitte dich, Herr Jesus, reinige mein Herz! Wenn ein heftiger Ruck, eine Krankheit, eine Enttäuschung notwendig sind, damit ich lerne, mich von der Eitelkeit der Welt zu trennen, mich zu befreien und von mir das leere und nichtige Benehmen abzuschütteln, dann tue es, tue es bald. Ich möchte frei sein, kein Hindernis spüren, um den Willen meines Vaters zu erkennen und ihn ganz zu verwirklichen. So komme ich in eine enge Beziehung zu dir, in eine verwandtschaftliche Beziehung. Du selber hast gesagt: „Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.” [Mk 3,35; Mt 12,50]
Drängt es dich nicht, Jesus, einen neuen Bruder zu haben?
Ich weiß, daß dieser Weg der Freiheit weg von der Welt, um in die Pläne Gottes einzutreten, ein sehr teurer Weg ist. „Die nach dem Willen Gottes leiden müssen...”, hat der Apostel Petrus geschrieben. [1 Petr 4,19] Es ist möglich, zu leiden, um den Willen Gottes zu vollbringen; um wirklich zu lieben, ist es möglich, auch großen und langen Leiden zu begegnen. Diese Leiden sind der Preis, den ich gerne bezahle, um mich für das Reich Gottes, für alle Menschen, für die ganze Welt, nützlich machen zu können. Es sind die Leiden, die vom andersartigen Verhalten des Christen in der Welt kommen, ein Verhalten, das sich mit dem „der Lämmer mitten unter den Wölfen” identifiziert. „Denn es ist der Wille Gottes, daß ihr durch eure guten Taten die Unwissenheit unverständiger Menschen zum Schweigen bringt.” [1 Petr 2,15]
„Das ist es, was Gott will: eure Heiligung.” [1 Thess 4.3]
Gepriesen seist du, Herr.
Lehre mich deine Gesetze!
Nach deinen Vorschriften zu leben
freut mich mehr als großer Besitz.
Ich habe meine Freude an deinen Gesetzen,
dein Wort will ich nicht vergessen.
Öffne mir die Augen
für das Wunderbare an deiner Weisung!
Ich bin dein, errette mich!
Ich frage nach deinen Befehlen. [Ps 119,12.14.16.18.94]
6. DEIN WILLE GESCHEHE, WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN
F.
Dein Wille geschehe...
Normalerweise haben wir „Willensäußerungen”, die wir vor Gott stellen, damit Er sie bestätigt und verwirklicht. Viele Gebete der Christen sind von dieser Art.
Nun, nachdem Gott Vater ist, freut er sich, seine Kinder zu erhören. Jesus selbst hatte gesagt: „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wieviel mehr wir euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten.” [Mt 7,11] Deshalb hat er empfohlen, zu bitten, zu suchen, anzuklopfen. Der Vater will uns die Freude schenken, damit wir merken, daß Er Vater ist! Natürlich müssen aber unsere Bitten in seine Liebespläne passen, wie kann Er uns sonst erhören? Er kann nicht das tun, was für uns schlecht wäre, auch wenn wir im Moment nicht merken, was uns schadet.
Wir können den Vater bitten, um was wir wollen, aber vorher müssen wir Jünger seines Sohnes werden. Und als wahre Jünger, die von Ihm eine neue Art zu leben und zu denken lernen, werden in uns Wünsche und Bitten entstehen, die dem Vater wohlgefällig sind.
Der Evangelist Johannes sagt uns in seinem ersten Brief: „Er hört uns, wenn wir etwas erbitten, das seinem Willen entspricht.” [1 Joh 5,14] Er hört uns... nach seinem Willen. Wie notwendig ist es also, den Willen des Vaters zu kennen und zu lieben! Sonst kann Er uns nicht erhören, und wir können nicht die Freude seiner Nähe erfahren. Wir müßten jede unserer Bitten ungesagt lassen, wie der heilige Paulus sagt, damit der Geist sie mit unaussprechlichen Seufzern vorbringt. [Röm 8,26-27] Der Blindgeborene – von Jesus geheilt – drückt diese Wahrheit einfach so aus: „Wir wissen, daß Gott einen Sünder nicht erhört; wer aber Gott fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er.” [Joh 9,31] Den Willen des Vaters tun, ist die Bedingung, um mit ihm in wirklicher und gegenseitiger Gemeinschaft zu sein. Er gehorcht dem, der ihm gehorcht. Er hört den, der auf ihn hört! Und wer auf ihn hört, in den legt er seine Gedanken und seine Leibe, so daß Er durch ihn wirkt.
Der Wunsch, oder besser der dringendste und erste Wille von Gott Vater ist es, daß die Menschen gerettet werden, daß sie vom Bösen befreit werden und daß sie sich der Gemeinschaft mit Ihm und mit allen erfreuen können.
Gott will die Rettung aller! Indem ich diesen Willen meines Vaters kenne, will auch ich das Heil aller, und daß alle Ihn und den Sohn kennen, denn darin besteht das ewige Leben, die Freude am Leben. Der Vater will... und deshalb ersucht Er mich, der ich seinen Willen suche, um Mitarbeit, um zu retten, um seinen Sohn erkennen zu lassen und durch Ihn, Sein Bild denen, die noch fern sind, zu offenbaren.
Was wird der Vater mich konkret fragen? Was wird Er dich fragen? Was ist sein Wille für uns, für euch?
Einen jeden fragt Er auf verschiedene Weise, in seinen Plan einzutreten.
Abraham hat Er eine andere Aufgabe gegeben als Moses, den Propheten eine andere als den Aposteln. Maria hat Er eine andere Rolle gegeben als den Evangelisten. Verschiedenartig sind die Anrufe – die Berufungen - in der Kirche, denn verschieden sind die Dienste, die zur Rettung der Welt möglich sind.
Einem jeden sind auch verschiedene Fähigkeiten gegeben, je nach dem Dienst, der von ihm verlangt wird. Nicht alle müssen „reden”, und deshalb brauchen nicht alle Prediger zu sein.
Nicht alle müssen Hirte sein, deshalb müssen nicht alle die Herde führen können. Alle aber müssen die Liebe des Vaters und den Sieg Jesu bezeugen, und deshalb ist allen der Heilige Geist gegeben, damit sie lieben, vergeben, sich schenken können, um das Feuer der Liebe in der Kirche zu nähren, welche das Feuer der Liebe Gottes ist.
Wir alle kennen die Liebe als Form des Willens Gottes zu uns, und jeder wird darauf achten, die konkrete Art seiner eigenen Liebe, das heißt seiner Berufung, zu erkennen.
Jeder Christ bleibt in Betrachtung und im aufmerksamen Hören, um den besonderen Willen des Vaters für sich zu erkennen. Und er läßt sich auch von dem helfen, der eine besondere und ausgesprochene Gabe des Hörens auf Gott hat. Was bedeutet für mich die Liebe, die Gott zu allen hat? Wenn mein Herz frei und bereit ist, den Willen des Vaters zu tun, wird Er nicht lange brauchen, um ihn mir erkennen zu lassen. In der Zwischenzeit... höre ich auf Jesus, ich bewundere Ihn, ich nehme Ihn an und mit Ihm biete ich mich anderen an. Dies ist der sichere Wille Gott Vaters in jedem Augenblick.
Vater, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Deine Liebe zu allen Menschen verwirkliche sich! Wie Jesus im Tod am Kreuz sie verwirklicht hat, so biete ich mich auch jeden Tag an, deine Liebe in jede Situation der Menschen zu tragen.
Vater „in deinem Willen ist meine Freude.” [Ps 119,33] „Er gebe euch allen ein Herz, das euch fähig macht, ihn zu fürchten und seiner Lehre mutig und bereitwillig zu folgen.” [2 Makk 1,3]
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Natale: Avvolto
SCRITTI IN ALTRE LINGUE
- Kalender für das laufende Jahr
- Kleinschriften
- Kleinschriften „Fünf Gerstenbrote“
- Einleitung
- Übriggebliebene Stücke
- Abbà
- Befreiungsgebet
- Vater unser - Band 1
- Vater unser - Band 2
- Vater unser - Band 3
- Wie der Tau
- Die Psalmen
- Siebzig mal sieben mal
- Die Hingabe
- Notizen von Vigilius, dem heiligen Bischof von Trient
- Ich gehe zur Messe
- Glaube und Leben
- Du bist mein Sohn
- Er nannte sie Apostel
- Sie fordern Zeichen, sie suchen Weisheit
- Kalender 2008-2011