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Vater unser - Band 3

VATER UNSER

„Unser tägliches Brot gib uns heute, vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern, und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“

 

Band 3

 

Die das „Vater unser“ beten, leben als Geschwister, sie nehmen am Leben anderer teil, sie vergeben und finden Kraft im Kampf gegen jede Versuchung der Teilung. Die Menschheit, die Jesus – Brot fürs Leben – um sich versammelt, wird eine echte Familie!

„Sie waren ein Herz und eine Seele!“ Das ist die Frucht der Treue im Gebet, das sie von Jesus gelernt haben.

 

Vorwort

Wir beenden nun die Meditation über das Gebet Jesu: ein Gebet, das Gebets-, Lebens- und Liebesschule ist. Ich danke Jesus, der es uns gelehrt hat, und dem Heiligen Geist, der es ständig in uns flüstert mit immer neuen Verständnisnuancen. Ich danke den Heiligen, die es mit ihrem Leben erklärt und in Liebe übersetzt haben.

Ich danke Dir, der du mir hilfst, daß dieses Gebet, wenn es mein Herz verläßt, Gebet der Kirche, des Leibes Christi wird. Du hilfst mir, damit das Gebet der Braut – das Liebesgebet – ein Echo auch in meinem Herzen findet.

Don Vigilio Covi

 

 

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE

A.

Vater unser

Jesus fährt fort, den Aposteln zu antworten, die ihn gebeten haben, sie beten zu lehren.

Bis jetzt hat das Gebet, das Er ihnen ins Herz und in den Geist gelegt hat, dazu geführt, die Liebe des Vaters zu bestaunen und sie zu seinen Dienern zu machen. Das Gebet hat den Jüngern Flügel gegeben, um über die Welt und außerhalb der Welt, die sie bedingt, zu fliegen; es hat sie fähig gemacht, im Geist und im Herzen Gottes selbst zu leben. So sind sie auch von jenem Egoismus befreit worden, der das Gebet und die Beziehung zum Vater zerstören könnte.

Beim Beten mit den Worten Jesu haben sich die Apostel mit seiner Heiligkeit, mit seinem Reich, mit seinen Plänen beschäftigen müssen, sie haben sich zu Dienern der Liebe des Vaters für die ganze Welt machen müssen. So haben sie die Wurzeln der Freiheit erreicht – aus Gnade, ohne es zu wissen! Wer mit Jesus gebetet hat, hat sich nun selber vergessen, hat die eigenen Träume von Erfolg, Reichtum, Ehrgeiz, von langem Leben und von Gesundheit vergessen, denn er hat sich mit der Liebe des eigenen Vaters beschäftigen müssen! Wer bis hier mit Jesus gebetet hat, ist frei von den so dringenden Notwendigkeiten, welche die tieferen und größeren vergessen lassen; er ist frei, Gott in sein Leben aufzunehmen, denn er ist frei geworden vom Denken an sich selbst.

Mit dieser Freiheit können sie auf sich selbst und auf die Welt, in der sie leben, mit einem neuen Blick, mit genaueren Wünschen schauen, und so können sie zum Vater über sich und über die eigenen Geschwister sprechen, und zwar mit jener Liebe, welche wirklich der göttlichen Liebe begegnet, denn von dieser stammt sie ab.

Jesus führt uns nun dazu, die Situation, in der wir leben, mit einem neuen, leuchtenden Blick zu schauen; wir haben diesen bei der Betrachtung des Vaters und seines Eigentums (Name, Reich, Wille) bekommen.

Wir können die Augen auf die Wirklichkeit unseres Lebens wenden, denn in unseren Augen hat sich das Licht der göttlichen Weisheit entzündet. Mit der Liebe der Kinder, welche die Liebe des Vaters kennen, dürfen wir von uns mit Ihm sprechen. Ein Kind, das sich vom Vater lieben läßt, und das sich angeboten hat, Seinen Willen zu tun, kann die Freiheit und die Freude haben, zu bitten und für andere einzutreten, damit der Vater selbst darauf schaut und sich darum kümmert.

Jetzt bittet das Kind den Vater.

Jesus aber lehrt mich, nicht für mich zu bitten, sondern für uns! Nicht nur, Er lehrt mich im Namen der Geschwister zu bitten und zusammen mit ihnen.

Gib uns heute unser...

Nicht ich allein bin es, der bittet, „wir“ sind es, die bitten. Gott erhört das Gebet der Kirche, der Gemeinde, denn in ihr verbirgt sich und offenbart sich sein Leben, das Gemeinschaft ist. Ich bitte nicht als Einzelperson – die sich später rühmen kann, erhört worden zu sein – sondern als Glied des Leibes Christi, wie einer von vielen, als Stimme von vielen, die vereint und demütig vor den einzigen Vater treten.

„Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem Vater erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ [Mt 18,20].

Jesus ist es, der Sohn, der alles vom Vater erhält. Wir sind Glieder seines Leibes, und das wird offenkundig und tritt ein, wenn sich unsere Einheit und Eintracht mit den Geschwistern konkretisiert.

Können wir den Vater um alles bitten? Wer autorisiert uns dazu?

Jesus selbst hat gedrängt: „Bittet, so wird es euch gegeben.“ Er richtet diese Worte an die Jünger, an diejenigen, welche ihm schon folgen und gehorchen; er sagt sie denen, die sich seine Wünsche zu eigen gemacht haben und deshalb nur um das bitten werden, was innerhalb einer echten Kindbeziehung mit Gott besteht.

„Wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten“ [Joh 15,7.] Wenn meine Worte in euch bleiben, das heißt, wenn ihr euch von mir belehren läßt und mich liebt. „Was ihr vom Vater erbitten werdet, das wird er euch in meinem Namen geben. Bis jetzt habt ihr noch nichts in meinem Namen erbeten. Bittet und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen ist“

[Joh 16,23-24]. Bitten ja, aber „in meinem Namen!“ Bitten als Personen, die ganz eins mit Jesus sind, die seine Liebe und sein Opfer an den Vater angenommen haben.

Verbunden mit Jesus haben wir Vertrauen zum Vater und der Vater erhört uns, denn Er vertraut dem Sohn. Der Vater weiß, daß der Sohn ihm mit einer Liebe gehorsam gewesen ist, die Ihn zum Tode geführt hat. Der Gehorsam antwortet dem Gehorsam: Der Vater gehorcht den Worten des Sohnes, auch wenn sie von uns gesprochen werden, aber verbunden mit dem Sohn.

Denn: „Der Vater selbst liebt euch, weil ihr mich geliebt ...habt“ [Joh 16,27].

Es verwundert uns nicht die Tatsache, daß Gott mit seiner Macht die Worte der Heiligen in die Tat umsetzt, jener Menschen, die Jesus geliebt haben und lieben.

Danke, Vater, für deine Liebe, mit der du unsere Liebe zu Jesus vergiltst. Er hat sich liebenswürdig gemacht, damit deine Liebe auf uns komme und uns umgebe wie eine Feuerflamme, die brennt, aber nicht verbrennt.

 

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE

B.

Bitten, verlangen ... aber was? Um was kann ich Gott bitten?

Von dem, was ich erbitte, merkt Gott, wen ich liebe: Ob ich mich selber oder Ihn liebe. Worum kann man Gott bitten, von dem ja schon alles kommt, was wir haben? Worum kann man den Vater bitten, der uns schon das Leben gegeben hat, der uns Seinen Willen hat erkennen lassen und der uns die Schönheit Seines Reiches gezeigt hat? Was vom Vater erbitten, der mir schon die Zärtlichkeit und Heiligkeit Seines Namens hat kosten lassen?

„Wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen“ [Röm 8,26]. Wir sind „Unwissende“; das ist aber nicht der Geist Gottes, der in den Herzen derer, die glauben, ausgegossen ist. „Der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können. Und Gott, der die Herzen erforscht, weiß, was die Absicht des Geistes ist: Er tritt so, wie Gott es will, für die Heiligen ein“

[Röm 8,26-27]. „Wir wissen, daß Gott denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt, bei denen, die nach seinem ewigen Plan berufen sind“ [Röm 8,28].

Wir bitten den Vater deshalb, weil Jesus uns zu bitten gelehrt hat. Voll Vertrauen erbitten wir vor allem die Weisheit. „Nicht zweifeln; denn wer zweifelt, ist wie eine Welle, die vom Wind im Meer hin und her getrieben wird. Ein solcher Mensch bilde sich nicht ein, daß er vom Herrn etwas erhalten wird. Er ist ein Mann mit zwei Seelen, unbeständig auf all seinen Wegen“ [Jak 1,6-8]. Wir bitten im Wissen, daß das echteste Gebet vom Heiligen Geist gesprochen wird, der für uns viel mehr erbittet, als wir uns vorstellen können. Bitten wir also ohne Angst vor unseren Beurteilungsfehlern, denn der Vater hört auf den Geist und seine Bitten. Bitten wir um alles Mögliche. Schon darin werden wir erhört, denn im Bitten wächst in uns die Demut, das Sich-klein-Fühlen, eine Haltung, die in uns den Heiligen Geist und die zärtliche Liebe des Vaters anzieht. Wenn wir auch nur um Brot zum Essen bitten sollten, bekommen wir Heiligen Geist! Der Vater ist so gut, daß Er uns über alle unsere Erwartungen erhört. Während wir uns mit Unwissenheit an Ihn wenden, bekleidet Er uns mit dem Geist der Weisheit!

Wenn wir mit Demut bitten, zeigen wir Vertrauen und Zutrauen. Im Wissen, daß wir „nicht wissen“, ob das, worum wir bitten, unser Bestes ist, daß wir nicht wissen „in rechter Weise“ zu bitten, schenken wir dem Vater noch mehr Vertrauen. Unsere Unwissenheit über das echte Gut für uns lenkt unsere Aufmerksamkeit von den Dingen ab, die wir möchten, und wendet sie der Person zu, der wir uns zuwenden.

Gerade weil wir wissen, „Unwissende“ zu sein, vertrauen wir uns der Weisheit des Vaters an. Er weiß! Er erhört die Wünsche des Geistes, und zwar die intimsten und die uns selbst verborgensten.

Wenn der Vater alle meine Bitten erhören würde, wer weiß, ob ich dort ankäme, wo ich hin möchte. Einige Beispiele:

Ich wollte rechtzeitig bei einem Treffen mit einer wichtigen Person ankommen. Der Vater hat mich nicht erhört: Ich bin zu spät gekommen. Aber jene Person hatte noch mehr Verspätung als ich! Ich habe den Vater um die Gesundheit für einen Freund gebeten, aber es war während seiner Krankheit und dank ihr, daß er zum Glauben gekommen ist.

Ein Jugendlicher hat mir versprochen, daß er im Fall von Regenwetter zu einem Gebetstreffen am kommenden Sonntag kommen würde. Ich habe den Vater um Regen gebeten. Er hat mich erhört und ich war glücklich. Aber der Jugendliche hat nicht teilgenommen. Ich werde nie mehr um Regen bitten, sondern direkt um die Teilnahme. Nein, nicht einmal das werde ich erbitten, denn mein Freund könnte teilnehmen, ohne sich zu bekehren. Ich werde um Bekehrung bitten, und diese wird zu jener Zeit und auf jene Art eintreten, die der Heilige Geist kennt.

Als einer der Brüder meiner Gemeinschaft mit der Gartenarbeit beauftragt war, hat er den Vater um einige Tomatenpflänzchen gebeten, um ein Beet vollzumachen. Eine Stunde später sind zwei Steigen reife Tomaten „angekommen“! So erhört der Vater!

Und noch mehr! Hören wir die Erzählung eines Missionars.

Eine Muslimin sucht mit Ausdauer eine christliche Kirche, im Vertrauen dort gehört und erhört zu werden. Sie bittet Gott, ihren ehebrecherischen Mann zurückkommen zu lassen. Sie hat schon das Messer vorbereitet, um ihn umzubringen. Und was macht der Vater? Er erhört sie, und noch mehr! Bevor Er den Mann zurückkehren läßt, legt Er ihr die Fähigkeit und den Willen zum Verzeihen ins Herz.

Jetzt genießt sie die Harmonie und den Frieden mit der ganzen Familie.

Wir bitten um etwas, das für uns sogar schlecht wäre, aber der Vater schenkt Heiligen Geist. Wir sind sogar imstande Reichtümer, Wohlstand und Geld zu erbitten, aus Liebe zu denen viele sündigen, denn sie sind die Wurzel aller Übel, Dornen, die das in uns von Jesus gesäte Wort ersticken. Trotz unserer Unwissenheit dürfen wir bitten. Der Vater wird uns noch mehr geben. So gelangen wir vom Vertrauen, daß der Vater uns etwas gibt, zum Vertrauen, daß Er weiß was!

Er ist froh und freut sich, daß ich meine Erkenntnis als Kind entwickle. Er freut sich, daß ich auf Sein Reich achte. Er erschrickt nicht, wenn ich mich ab und zu im Bitten irre! Deshalb bitte ich. Ich bitte immerfort, lasse aber Ihm die Freiheit, anders zu handeln, mich nach Seiner Art zu erhören, so wie ich nie imstande wäre, sie mir vorzustellen. Ich bitte, ohne zu verlangen!

Vater, da bin ich. Höre auf die Stimme des Heiligen Geistes. Ich verstehe sie nicht, denn Er spricht mit unaussprechlichem Seufzen. Aber du erforschst die Herzen, du kannst dieses Seufzen interpretieren wie den Schrei eines Menschen, der immer dir gehören will.

 

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE

C.

Jesus läßt uns in seinem Gebet sogar eine chronologische Bezeichnung gebrauchen: heute! Er läßt uns „heute“ bitten, damit wir „heute“ erhört werden! Er lehrt uns nicht das geduldige Warten. Er will uns in einer vertrauensvollen Haltung sehen! Wir bitten Gott, sich so zu verhalten, wie Er von uns verlangt. Er sagt uns: „Hört heute auf seine Stimme, verhärtet nicht euer Herz!“ Heute! Gott lebt in der Ewigkeit, und es scheint, daß die Ewigkeit nur aus dem „Heute“ besteht. In der Ewigkeit gibt es keine Verspätungen, aber auch keine Vorschüsse. Wenn Gott etwas sagt, ereignet sich das an Seinem Tag. So behandelt Er unsere Worte: Er hört auf das, worum wir bitten, und Er erhört uns (nach seiner Gnade, nach seiner Art) sofort! Das Heute Gottes scheint uns manchmal sehr lang. Das geschieht, weil wir die Zeit mit unserem Egoismus messen, hingegen mißt sie der Vater mit Liebe.

Wir bitten: „Gib uns heute!“ Ja, das Morgen gehört uns nämlich nicht, und deswegen sorgen wir uns nicht darum. Warum etwas für morgen erbitten? Werde ich morgen noch leben? Werde ich morgen das Gleiche brauchen, was ich heute brauche? Der Vater bleibt Vater auch morgen. Er verschwindet nicht, noch ändert Er seine Natur. Wenn ich mich heute mit Vertrauen an Ihn wenden kann, dann um so mehr morgen.

Die Versuchung meines Egoismus möchte mich dazu führen, Gott um alles zu bitten, was ich brauche, um Ihn nicht mehr nötig zu haben. Alles auf einmal erbitten, was zum Leben dient, so muß ich mich nicht mehr demütigen, muß ich mich nicht mehr um eine Beziehung zum Vater kümmern... Dies ist eine starke Versuchung, es ist die Versuchung zum Götzendienst. Ich kann mich um die Dinge kümmern, statt um Gott!

Jesus kennt diese Versuchung, die ziemlich alt ist und die auf verschiedene Weise zu allen Zeiten und bei allen Völkern vorkommt.

Auch Ihm ist sie vom Versucher gestellt worden, dort in der Wüste nach vierzig Tagen. Es ist die Versuchung, sich selber zu organisieren, um sich das Brot zu besorgen, ohne vom Vater abhängig zu sein. „Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, daß aus diesen Steinen Brot wird" [Mt 4,3]. Wenn du Gottes Sohn bist, was wartest du? Gebrauche die Macht des Wortes Gottes! „Befiehl“, und die Steine werden zu Brot. Kümmere dich um das Brot mit deinen Fähigkeiten, mit der „Macht“ deiner Gottheit.

Jesus, der wirklich „Sohn“ Gottes ist, will nicht aufhören, ein solcher zu sein und Gott „meinen Vater“ heißen. Er will nicht aufhören, von Ihm und von Seinem Wort abhängig zu sein.

Er ist ein Sohn, der Sohn bleiben will, der mit Liebe auf den Vater hört und Ihm gehorcht. Also antwortet er: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ [Mt 4,4]. Der wahre Sohn Gottes hört auf das Wort!

Jesus will nicht, daß seine Jünger und alle, die an Ihn glauben, in diese Versuchung fallen, und legt deshalb dieses „Heute“ auf unsere Lippen. Dieses Wort will nicht das Eingreifen des Vaters begrenzen, sondern es will in uns die tägliche kindliche Beziehung mit Ihm lebendig erhalten. Wir sind Kinder, die nicht einmal für einen Tag die Intimität und das Vertrauen zu Gott vergessen sollen. Es würde unseren geistlichen Tod bedeuten, und wozu würden wir dann noch Brot brauchen? Es wäre nur Betrug!

Gib uns heute!

Gib „uns“! Zum zweiten Mal begegnen wir im Gebet des Herrn diesem Hinweis auf das „Uns“. Nach dem anfänglichen Vater „unser“ schien dieser Bezug nicht mehr auf. Wenn Jesus beten lehrt, legt Er nie die Worte „ich“ und „mein“ auf unsere Lippen. Er will uns nicht isoliert sehen. Er sieht uns schon als Glieder eines Leibes, als Teil von einem „Wir“; Er sieht uns fest und unzertrennlich verbunden; Er sieht uns als Geschwister einer einzigen Familie, wo es kein Eigentum und keine Gütertrennung gibt. Er sieht uns als Glieder jener Kirche, welche in Jerusalem angefangen hat, „alles gemeinsam zu haben“. „Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag ... brachen sie in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens.

Sie lobten Gott ...“ [Apg 2,44-47]. Die Kirche ist es, die den Vater lobt mit der Sicherheit, erhört zu werden, sie ist der Leib Christi, der ihr Haupt ist.

Jesus läßt uns gemeinsam beten, der einzelne soll aufmerksam sein auf die Not der anderen, alle sollen teilhaben am gemeinsamen Vertrauen in den einen Vater. Er läßt uns zusammen beten, denn Er selbst hat den Vater gebeten, daß die Seinen eins seien, eins in Ihm! Jesus erträgt nicht, daß die Seinen getrennt sind. Das ist sein schwerstes Kreuz, die Sünde innerhalb Seiner Kirche! Das Gebet, das Jesus lehrt, ist gemeinsames Gebet, immer, auch wenn derjenige, der es spricht, ein Eremit oder ein Mönch ist, dazu bestimmt, ein Leben in der Einsamkeit zu führen. Auch dieser ist Glied des Leibes Christi, der auch nur sagen kann „gib uns heute...“ Jesus lehrt uns nicht, daß jeder für sich denkt. Das Gebet der Seinen darf nicht von der Eigenliebe geprägt sein, sondern von Nächstenliebe, von Selbsthingabe, von ständiger Aufmerksamkeit auf den Vater, der alle Menschen liebt.

Gib uns heute!

Danke, Jesus, du läßt mich jeden Tag die zärtliche und gütige Beziehung mit dem Vater üben. Danke, du läßt mich die Armut ersehnen, damit mein Vertrauen und meine Nähe zum Vater nie abnehmen! Danke, du erinnerst mich daran, daß ich Geschwister habe!

 

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE

D.

Das Brot! Jesus läßt uns den Vater um das bitten, was man zum Leben braucht. Dieses Wort „Brot“ kann in seinem wörtlichen Sinne verstanden werden, oder im übertragenen Sinne. Das Brot ist die Nahrung, aus der wir die Kraft bekommen, um uns zu bewegen, zu arbeiten, zu unterhalten, zu leben.

Mit dem Wort „Brot“ können wir aber auch andere Dinge bezeichnen, die für das Leben des Menschen notwendig sind: Zuneigung, Mitleid, Verständnis, Solidarität, Bildung... Was meinte Jesus, als Er die Zwölf beten gelehrt hat? Was ist uns erlaubt, über dieses Wort zu denken?

Er hat es mit zwei Eigenschaftswörtern begleitet: „unser“ und „täglich“.

Sie können uns helfen, es zu verstehen.

Zuerst „unser“: Es ist das Brot, das der Gemeinschaft dient, es ist das Brot, ohne das die Gemeinschaft nicht leben könnte und auseinander ginge. Es ist jenes Brot, das gemeinsamer Besitz ist, zusammen gegessen wird und so die Geschwister in einer einzigen Familie, in einem einzigen Leib verbunden hält. Dieses Brot ist also jene Speise, welche notwendig ist, damit wir als Leib Christi leben. Es ist die notwendige Nahrung, damit sich die Einheit unter den verschiedenen Gliedern entfaltet.

Dann„tägliches“: Zu diesem Wort, das sowohl bei Matthäus als auch bei Lukas vorkommt, gibt es viele Hypothesen und Erklärungen, da es bei den griechischen Schriftstellern ein wenig verwendetes Wort ist. Es kann bedeuten, „für den kommenden Tag“ oder „für das, was notwendig ist“, das heißt „wenig“, nur das Notwendigste. Der gleiche Begriff könnte auch bedeuten „überdinglich“, das was über den und außerhalb der materiellen Dinge steht.

Diese Vielfalt an Übersetzungen erlaubt uns, im Gebet immer weitere, tiefere und geistlichere Aspekte und Bedeutungen unseres Lebens zu verstehen. So können wir auch sehen, wie der Herr „ökumenisch“ ist! Er kann das Gebet von dem erhören, der um das Brot zum irdischen Überleben bittet und von dem, der um das Brot des ewigen Lebens bittet. Gott ist Vater unseres ganzen Lebens in all seinen Aspekten. Und wie Er unser Wachstum „im Lebensalter“ respektiert und begünstigt, so respektiert und begünstigt Er unser Wachstum „in Weisheit und Gnade“ [Lk 2,52].

Das Buch Jesus Sirach beschreibt die Handwerker: „Ihr Sinnen richtet sich auf die Ausübung des Gewerbes. Anders, wer sich der Gottesfurcht widmet und das Gesetz des Höchsten erforscht [Sir 38,34].Dann fährt er fort :“...er richtet seinen Sinn darauf, den Herrn, seinen Schöpfer, zu suchen und betet zum Höchsten; er öffnet seinen Mund zum Gebet und fleht wegen seiner Sünden. Wenn Gott, der Höchste, es will, wird er mit dem Geist der Einsicht erfüllt: Er bringt eigene Weisheitsworte hervor, und im Gebet preist er den Herrn“ [Sir 39,5-6].

Das Gebet Jesu ist für die einen und für die anderen: ER vereint alle in sich. Er selbst hat uns einen Grund zum Überlegen gegeben, als Er zu Mittag - auf einem Brunnenrand sitzend - zur Samariterin sagte: „Gib mir zu trinken.“ Es war niemand da. Er selber hatte die Seinen in die Stadt geschickt, um einzukaufen. Aber als sie mit Speisen zurückkamen, kam Er ihnen zuvor: „Ich lebe von einer Speise, die ihr nicht kennt.“ Und die Jünger fragten einander: „Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht?“ [Joh 4,7.32.33]

Jesus weiß, daß es notwendig ist, zu trinken und zu essen; Er selber spürt Durst und Hunger, aber Er weiß auch, daß essen und sich abmühen ohne die Weisheit Gottes nichts nützt.

Wir verweilen bei der ersten und unmittelbaren Bedeutung des Wortes „Brot“.

Der Mensch muß sich ernähren, dafür arbeitet er und müht sich ab. Der Apostel Paulus empfiehlt: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen. Wir hören aber, daß einige von euch ein unordentliches Leben führen... nur nicht arbeiten. Wir ermahnen sie und gebieten ihnen im Namen Jesu Christi, in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr selbstverdientes Brot zu essen“ [2 Thes 3, 10.11.12].

Die Arbeit und die Speise sind im Plan Gottes, der dem Menschen die ganze Schöpfung unterstellt hat. Aber durch seine Sünde spürt der Mensch den Schmerz der Mühe und des Hungers, und er begegnet jedem Tag Durstigen und Hungrigen. Das Volk des Mose machte in der Wüste die Erfahrung des Gebetes um das Brot: „Als sie ihn baten, schickte er Wachteln und sättigte sie mit Brot vom Himmel“

[Ps 105,40]. Der Vater ist sicher „zufrieden“, wenn wir uns an Ihn wenden, auch wenn die Gründe einfach und banal sind. Aber nichts ist banal, kein Ding ist normal, wenn es uns zu einer Kindbeziehung zum Vater führt. Nichts ist außerhalb seines Blickes, nichts, nicht einmal das Brot, das jeden Tag auf dem Tisch steht.

Jesus selber gibt uns das Beispiel: Jedesmal, wenn Er zu essen anfängt und vorher das Brot bricht, hebt Er die Augen zum Himmel und preist den Vater. So anerkennt Er, daß unser Leben - auch nur, daß ich heute morgen aufgewacht bin – ein Geschenk Gottes ist; daß ich weiterlebe, ist sein Geschenk. Die Arbeit, mit der der Mensch sich Brot und Fisch erwirbt, ist ein Geschenk Gottes. Auch diese so materiellen Gaben bieten Gelegenheit, um über den Vater zu meditieren und Ihn zu lieben; eine Gelegenheit, um eine tägliche Beziehung zu Ihm lebendig zu erhalten. Es gibt nichts, das so klein wäre, als daß es außerhalb der Größe Gottes bliebe. Wenn Er sich nicht um meine kleinen Dinge kümmern würde, wäre Er dann vielleicht groß? Er wäre nicht mehr Vater!

Danke, Vater, daß du dich um alles kümmerst! Dir entgehen meine Bedürfnisse nicht, nicht einmal die kleinsten. Ich preise dich für das Brot, das ich für mein Recht halte, das hingegen ein Geschenk ist! Jedesmal, wenn ich mich zu Tisch setze, sehe ich deine Vaterschaft!

 

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE

E.

Gib uns unser tägliches Brot, das Brot, das für heute genügt. Das Fehlen von Speise, von allem, was man zum Leben braucht – inbegriffen die Zuneigung und die Gemeinschaft von Menschen, die man heute so sehr braucht – bringt die Geheimnisse unseres Herzens ans Licht. Diese Situationen bieten die Gelegenheit, um das Intimste in uns zu offenbaren: Glaube oder Unglaube, Dankbarkeit oder Forderung, vertrauensvolle Hingabe oder Rebellion, Gehorsam oder Ungehorsam.

 

„In ihrem Herzen versuchten sie Gott, forderten Nahrung für den Hunger. Sie redeten gegen Gott; sie fragten: ‚Kann uns denn Gott den Tisch decken in der Wüste? Zwar hat er an den Felsen geschlagen, so daß Wasser floß und Bäche strömten. Kann er uns auch Brot verschaffen und sein Volk mit Fleisch versorgen?‘...

Zorn erhob sich gegen Israel, weil sie Gott nicht glaubten und nicht auf seine Hilfe vertrauten“ [Ps 78,18-22].

So wird das Verhalten des Volkes in der Wüste beschrieben: Hunger und Durst waren der Prüfstein des Vertrauens in jenen Gott, der sich wiederholt groß gezeigt hatte. Aber der Mensch hat Schwierigkeiten damit, er möchte nicht immer vertrauen, er möchte endlich sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Von diesem tiefgehenden Mißtrauen gegenüber Gott geht der Mensch aus, um sich die eigene Zukunft zu sichern. So sagt der Mensch nicht mehr „gib uns heute unser tägliches Brot“, sondern er sorgt sich „um mein Brot fürs ganze Leben“.

Wenn ein Christ in diese Versuchung fällt, fühlt er sich nicht mehr als Bruder von jemandem, er verläßt die tiefe Gemeinschaft mit seinen Geschwistern, fängt an,

„den Zusammenkünften fernzubleiben“ [Heb 10,25] und endet mit dem Verlust des Glaubens. Er wird immer unruhiger, merkt nicht mehr die Armut anderer; das Hören auf das Wort Gottes ermüdet ihn so sehr, daß er es nicht mehr sucht.

„Viele sind es, die sich vom Gold fesseln lassen... Eine Falle ist das für den Toren, jeder Einfältige läßt sich damit fangen“ [Sir 31,6-7].

Jesus will nicht, daß ins Herz der Seinen der Wunsch nach Reichtum einkehrt, denn Er weiß, daß man nicht gleichzeitig Gott und dem Mammon dienen kann. Er lehrt deshalb, um das tägliche Brot zu bitten: Das Brot, das für heute reicht. Wenn ich mehr wünschte, wäre das vom Tisch der Geschwister weggenommen. Wie viele Arme gibt es auf der Welt! Wie viele ohne Brot! Wie viele sterben vor Hunger! Diese Leiden und Toten sind verursacht durch das Anhäufen der Reichtümer.

Die Sünde verursacht immer noch Tod! Die Sünden des Geizes und des Egoismus verursachen Tod. Das Brot der unterernährten Völker ist in den Taschen der Reichen gelandet, eingeschlossen in den Safes unserer Banken, die es brauchen, um die Ungerechtigkeit auf immer subtilere und gewaltsamere Weise fortzusetzen. Wenn ich sage, „gib uns heute unser tägliches Brot“, dann drücke ich ein Urteil gegen mich selber aus, wenn ich die Lager voll habe. Ich bitte um „unser“ Brot, ich erkläre mich bereit, das Brot, das der Vater für „uns“ bestimmt hat, zu verwalten, hingegen bewahre ich es für meine eigene Zukunft auf, von der ich nicht einmal genau weiß, ob es sie geben wird.

Der heilige Paulus ermahnt die Christen so: „Der Dieb soll nicht mehr stehlen, sondern arbeiten und sich mit seinen Händen etwas verdienen, damit er den Notleidenden davon geben kann“ [Eph 4,28]. „In allem habe ich euch gezeigt, daß man sich auf diese Weise abmühen und sich der Schwachen annehmen soll, in Erinnerung an die Worte Jesu, des Herrn, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen“ [Apg 20,35]. Und der heilige Jakobus schreibt: „Ihr aber, die ihr sagt: Heute oder morgen werden wir in diese oder jene Stadt reisen, dort werden wir ein Jahr bleiben, Handel treiben und Gewinne machen – ihr wißt doch nicht, was morgen mit eurem Leben sein wird...“ [Jak 4,13].

Die Worte der Propheten und der Apostel sind hart und schrecklich gegen diejenigen, welche Reichtümer anhäufen, denn diese Sorge offenbart ein götzendienerisches Herz: Es ist ein Zeichen, daß das Vertrauen in die Dinge gesetzt wird, anstatt in den Vater! Dieser Götzendienst ist auch eine Quelle von immer größer werdenden Leiden und Ungerechtigkeiten: „Ermahne die, die in dieser Welt reich sind, nicht überheblich zu werden und ihre Hoffnung nicht auf den unsicheren Reichtum zu setzen, sondern auf Gott, der uns alles reichlich gibt, was wir brauchen. Sie sollen wohltätig sein, reich werden an guten Werken, freigebig sein und, was sie haben, mit anderen teilen. So sammeln sie sich einen Schatz als sichere Grundlage für die Zukunft, um das wahre Leben zu erlangen“ [1 Tim 6,17-19].

Der heilige Paulus selbst wird zum Förderer einer Kollekte für die arme Kirche in Jerusalem und ermahnt die Christen in Griechenland, freigebig zu sein, die Armut nicht zu fürchten, denn „auch Jesus war reich und wurde euretwegen arm“

[2 Kor 8,9].

Das Gebet, das uns Jesus ins Herz und auf die Lippen legt, will uns auch dazu helfen, nur das Notwendigste zu wünschen, die Güter, über die wir verfügen, als Gabe Gottes für unsere Gemeinschaft als Geschwister im Herrn zu betrachten; und unsere Gemeinschaft verfügt darüber, um die Zeichen der Liebe des Vaters allen zu schenken, auch denen, die sich als Feinde erweisen. So werden auch die irdischen Güter Werkzeug für die konkrete Verkündigung der Vaterschaft jenes Gottes, den Jesus uns kennen und lieben lassen will zu unserer Rettung.

Was dem wahren Christen am Herzen liegt, ist genau das Kennen und Erkennenlassen, das Lieben und Liebenlassen jenes Gottes, den Jesus uns als Vater zeigt! Alle Kräfte des Gläubigen und seine Güter dieser Welt sollen auf die Ehre Gottes gerichtet werden. Gibt uns vielleicht Gott nicht das Brot und das Wasser, um sich uns als ganz nah erkennen zu lassen, als unser Vater ? Wir, die wir von Ihm lernen sollen, werden wir nicht die gleichen Dinge gebrauchen, um Überbringer seiner Liebe zu sein? Wir sind seine Kinder: Weihen wir alles, wirklich alles zu seiner Ehre; alles werde zum Werkzeug, damit die Menschen Seiner Liebe begegnen, die groß ist, weil ihr die kleinen Bedürfnisse jedes Menschen nicht entgehen.

Vater unser, gib uns unser Brot! Mit ihm werden wir dich erkennen lassen, mit ihm werden wir deine Liebe ausbreiten. Durch dieses Brot werden wir deine Vaterschaft denen verkündigen, die dich noch nie gesehen und noch nie geliebt haben. Vater!

 

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE

F.

Jesus wiederholte seinen Jüngern immer wieder: „Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, daß ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, daß ihr etwas anzuziehen habt... Denn um all das geht es den Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, daß ihr das alles braucht. Euch aber muß es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben“

[Mt 6,25.32.33]. Läßt er uns zu einer früheren Denkweise zurückkehren, indem er uns das Gebet lehrt? Der Vater weiß... warum also Ihn daran erinnern, warum es Ihm sagen? Jesus will sich nicht widersprechen. Das Brot, von dem Er im Gebet spricht, ist sicher das materielle Brot – und Er lehrt uns, unter dem Blick des Vaters nur das Wenige zu wünschen, das Tag für Tag notwendig ist, aber sicherlich ist es auch ein anderes Brot, eine andere fürs Leben notwendige Nahrung.

Er selbst hatte die Versuchung des Bösen zurückgewiesen mit den Worten: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ [Mt 4,4]. Der Mensch braucht das Wort Gottes, um zu leben. Ich muß das folgende Wort des Vaters als zu mir gesprochen empfinden: „Sprichst du nicht zu mir, bin ich wie jemand, der in das Grab hinuntersteigt.“ Ohne das Wort des Vaters leben wir nicht, sind wir traurig, ohne Liebe; zerstören wir uns gegenseitig. Jesus hat jene Worte mit dem Hunger von vierzig Tagen im Magen gesprochen. Das Wort, „das aus dem Munde Gottes kommt“, ist notwendiger als das materielle Brot, denn es ist das Wort, das Leben schenkt, das Wort, welches schöpferisch ist.

Auch die Armen brauchen vor allem dieses Wort. Auch die Bedürftigen schätzen „ein Wort mehr als die Gabe“! Was nützt das Brot, ohne ein inneres Leben, das vom Wort Gottes geformt und genährt ist?

„Besser wenig in Gottesfurcht als reiche Schätze und keine Ruhe.

Besser ein Gericht Gemüse, wo Liebe herrscht, als ein gemästeter Ochse

und Haß dabei“ [Spr 15,16-17].

Das Wort Gottes, das in uns das Leben schafft, das in uns die Liebe formt, das uns zu Überbringern seines Lichtes und seiner Weisheit macht, ist ein notwendiges, unentbehrliches, tägliches Brot. Dieses Brot muß jeden Tag auf unserem Tisch sein, in Reichweite, immer bereit.

Das Wort Gottes tröstet uns, gibt uns Licht und zeigt uns auch den Willen Gottes. Dieses Wort bittet den Vater: „Gib uns heute unser Brot“. Gib uns deine Worte, die Zeichen deines Willens, damit wir wissen, was wir zu tun haben. „In deinem Willen ist unser Friede.“ Jesus selber antwortete den Jüngern, die Ihn einluden zu essen, was sie gekauft hatten: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat und sein Werk zu Ende zu führen“ [Joh 4,34]. Was nützt es, zu essen, ohne diese Speise? Wenn ich den Zweck meines Lebens nicht kenne und meine Kräfte nicht gebrauche, um ihn zu erreichen, was nützt es, noch mehr zu essen? Das Brot des Wortes gibt dem Brot des Tisches Sinn.

„Deine Gabe... offenbarte deine zarte Liebe zu deinen Kindern... Deine geliebten Söhne, Herr, sollten daraus lernen: Nicht die verschiedenartigen Früchte ernähren den Menschen, sondern dein Wort erhält alle, die dir vertrauen“ [Weis 16,21.26].

Das Wort des Vaters ist das Brot, worum ich ihn bitte. Dieses Wort und dieses Brot ist Jesus selbst! „Das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben“ [Joh 6,33]. „Ich bin das Brot des Lebens, wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern!“ [Joh 6,35]. „Nehmt und eßt; das ist mein Leib!“ [Mt 26,26]

Das ist das Brot, das nicht nur ich, sondern auch die ganze christliche Gemeinschaft, die Kirche jeden Tag braucht. Das ist das Brot, um das wir gemeinsam für uns alle und für die ganze Welt bitten: Das Brot der Danksagung, das eucharistische Brot, der Leib Christi! Das ist das Brot, das die Kirche besitzt, und das die Kirche für alle ihre Glieder verwaltet. Schon beim Essen dieses Brotes erwirbt die Kirche jene Kräfte der Liebe, um zum Sauerteig der Gemeinschaft, der Vergebung und der Einheit für alle Völker zu werden.

Aber dieses Brot wird uns von Gott durch den Heiligen Geist geschenkt. Es ist der von der Kirche auf das Brot herabgerufene Heilige Geist, der dieses in den Leib Christi verwandelt. Und es ist der Heilige Geist, der aus uns allen, die wir dieses Brot essen, einen einzigen Leib bildet. Indem wir dieses vom Feuer des Heiligen Geistes gebackene Brot essen, bekommen auch wir die Wärme der Liebe, das Licht der Weisheit, die Kraft und die Freude der Einheit. Indem wir dieses Brot essen, werden wir eins im Geiste, bekommen wir den Geist, der uns vereint, um zum Geschenk des Lebens für die Welt zu werden.

Es ist schön, festzustellen, daß auch Jesus an den Heiligen Geist dachte, als Er das Brot andeutete. Nachdem Jesus seinen Jüngern das Gebet des „Vater unser“ geschenkt hatte, erzählte Er ihnen – nach dem Lukasevangelium - das Gleichnis von den drei Broten [Lk 11,5-8.13]. „Wenn einer von euch einen Freund hat und um Mitternacht zu ihm geht und sagt: Freund, leih mir drei Brote, denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, ist zu mir gekommen... so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit... sie ihm geben.“

Und dann endet Er so die Einladung zum Vertrauen: „Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wieviel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.“

Der Heilige Geist ist das „übernatürliche“ Brot, die Nahrung für die Gemeinschaft der Christen. Ohne Ihn kann die Gemeinschaft nicht vereint bleiben, ohne Ihn wird die Gemeinschaft nicht zum Ort der Liebe für die Menschen, noch Abglanz Gottes, es ist keine Gemeinschaft. Wenn in uns und zwischen uns der Heilige Geist ist, dann ist unser Leben satt und unsere Einheit sicher.

Wenn ich mit den Worten Jesu bete, bitte ich den Vater um den Heiligen Geist: Vater, gib uns heute unser tägliches Brot, gib uns den Heiligen Geist, denn ohne Ihn wären wir nicht deine Gemeinde, deine Kirche, der Leib Christi, deines Sohnes.

Der heilige Petrus ermahnt uns so: „Verlangt, gleichsam als neugeborene Kinder, nach der unverfälschten, geistigen Milch, damit ihr durch sie heranwachst und das Heil erlangt“ [1 Pt 2,2].

Was ist diese unverfälschte, geistige Milch, jene notwendige Nahrung, um im christlichen Leben zu wachsen, wenn nicht der Heilige Geist? Die Milch ist die erste Nahrung, welche die Mutter von ihrem Leib den neugeborenen Kindern schenkt. Die Kirche läßt ihre Kinder in den sakramentalen Zeichen den Heiligen Geist einsaugen, Zeichen, die sie als Mutter offenbaren. Durch die heiligen Sakramente, die ihr „Leib“ sind, der Ort, wo sie sich als konkret erweist, schenkt die Kirche den Geist Gottes, den sie selber vom Vater mit dem täglichen Gebet und mit der treuen Nachfolge im Herrn Jesus bekommt. Er hat Ihn am Kreuz erworben und als Auferstandener hat Er Ihn angehaucht. Von Ihm – gegenwärtig durch seine Priester – bekommen wir den Heiligen Atem; von Seinem Mund bekommen wir den Hauch, der uns fähig macht zur Vergebung und zur Gemeinschaft.

Vater, schenke uns das Brot deines Wortes! Schenke uns jeden Tag den Leib deines Sohnes zu essen! Gib uns die Milch des Geistes zu trinken, der uns deinen Sohn lieben und dein Wort verstehen läßt. So werden auch wir deine Kinder, so werden auch wir dein Brot sein, das den Hunger der Welt stillt. Auch von uns werden das Licht und die Wärme deiner Liebe ausgehen, und die Erde wird neu werden, sie wird ein neues Gesicht bekommen, auf dem die Tränen getrocknet werden.

Vater, höre auf deinen eigenen Geist, der in uns betet!

 

 

VERGIB UNS UNSERE SCHULD, WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSEREN SCHULDIGERN

A.

„Denn bei dir ist die Quelle des Lebens!“ [Ps 36,10]

„Meine Seele, sie lebt für ihn; mein Stamm wird ihm dienen“ [Ps 22,30-31].

Mit diesen aus den Psalmen genommenen Worten beginne ich die Überlegung über die Schuld. Das Leben, das wir leben, entspringt aus dem Vater: Er läßt sich so gerade deshalb nennen. Und unser Leben ist nicht nur jenes, das vom Weizenbrot genährt wird, sondern auch jenes, das vom Worte Gottes gestärkt und vom Feuer des Geistes erfreut wird! Unser Leben ist ein Leben als Kinder der Menschen, aber es wird ergänzt und belebt vom Leben als Kinder Gottes, als Kinder des Vaters! Sowohl der eine als auch der andere Aspekt unserer Existenz sind ein Geschenk, ein Gratisgeschenk, nie „bezahlt“, nie von uns vergolten. Ist es eine Schuld? Nein, das Geschenk erzeugt nie Schuld. Der Vater macht uns nicht zu Schuldnern!

Die Schuld fängt an zu sein, wenn wir uns etwas nehmen, das in der Gabe nicht enthalten ist. Das Geschenk läßt uns Gemeinschaft genießen, es läßt uns geliebt fühlen, es hält uns in einer Liebesbeziehung. Die Schuld läßt uns in eine Beziehung von Unterwürfigkeit, von Sorge und Trennung eintreten.

Adam war in Gemeinschaft mit Gott und in voller Harmonie mit ihm, solange er die Gabe des Lebens, des Gartens Eden, der Früchte, der Eva und ihrer Gegenwart an seiner Seite genoß. Er hat angefangen, Trennung, Furcht und Sorge zu spüren, als er sich das nehmen wollte, was ihm nicht gegeben worden war. Von jenem Augenblick war er in Schuld, eine Schuld bestehend zwischen ihm und Gott, zwischen ihm und Eva, sogar zwischen ihm und den Bäumen des Gartens, zwischen seiner Seele und seinem Körper. Eine schwere Schuld! Die Seele nahm den Körper, so wie er war, nicht mehr an, sie wollte ihn zudecken mit den Blättern der Bäume und ihn so vor Eva verstecken. Der Körper ertrug eine Seele ohne Gemeinschaft mit Gott nicht mehr und wollte fliehen.

Die Sünde hat die Schuld in das Leben des Menschen gebracht, und sie hat sich ganz tief in ihm verwurzelt.

Wer Schuld verspürt, lebt schlecht: Eine ständige Last bedrückt ihn, macht ihn traurig, läßt keine Freude zu. Sein Leben ist Sklaverei geworden; nichts gehört ihm wirklich. Wer Schuld auf sich geladen hat, fühlt sich vor nichts mehr sicher, genießt nicht die Frucht seiner Arbeit, kann nicht mehr auf sie zählen. Das Leben selbst scheint ihm nutzlos zu entschwinden. Das ist die Situation des Sünders, desjenigen also, der nicht zufrieden ist mit der Liebe des Vaters, mit seinem Vertrauen, mit der Vertraulichkeit zu ihm, sondern der etwas anderes will, der allein leben will.

Die Sünde hat das Leben des Menschen verwandelt, sie hat es so durchdrungen, daß sie es zu einer solchen Schuld gemacht hat, die nicht einmal mit dem Leben selbst bezahlt werden kann.

„Loskaufen kann doch keiner den anderen, noch an Gott für ihn ein Sühnegeld zahlen – für das Leben ist jeder Kaufpreis zu hoch, für immer muß man davon abstehn“ [Ps 49,8.9].

Die Parabel, mit der Jesus die Notwendigkeit des uns gelehrten Gebetes darstellt, zeigt gut die Situation des Schuldners: „Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß, zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen“ [Mt 18,25]. Im Gebet weckt Jesus in uns die Erinnerung an die Schuld. Diese kann man nicht vergessen, nicht ignorieren; jemand muß sie bezahlen, sonst bleibt sie eine ständige, drückende Last, die das Atmen und die Freude verhindern.

Vergib uns unsere Schuld!

Unsere Schuld ist groß!

Die Schuld liegt bei jedem einzelnen, aber es gibt auch eine gemeinsame, soziale Schuld. Ich persönlich bin ein Schuldiger, aber ich bin es auch, weil meine Gemeinschaft schuldig ist.

Wem gegenüber sind wir in Schuld? Gegenüber dem Vater, unserem Vater. Aber auch gegenüber unseren Geschwistern und anderen Menschen sind wir schuldig. Wir sind nicht imstande, weder die eine noch die andere Schuld zu „bezahlen“.

Welches ist „unsere Schuld“? Es ist schwer, genau zu bestimmen, woran Jesus denkt. Wahrscheinlich will Er nicht einmal, daß wir es wissen, damit wir weder erschrecken, noch verzweifeln. Er will uns voll Vertrauen zum Vater führen, mit Vertrauen, aber auch mit Realismus.

Wir sind wirklich Schuldige; wir können unsere Schuld nie begleichen. Wir haben sehr viele Gaben bekommen und wir haben sie gebraucht – alle und immer – mit Egoismus, anstatt mit Liebe, um unseren Egoismus zu ernähren, anstatt auf die Liebe des Vaters zu antworten.

Wir haben als Gabe, die den Vater verherrlicht, bekommen: Leben und Gesundheit, das tägliche Brot, die Fähigkeit zur Arbeit und zum Organisieren; wir haben Brüder und Schwestern bekommen. Wir hingegen haben alles und alle als Instrument der Macht, des Genusses, des Ehrgeizes und Stolzes behandelt; wir haben die Natur der Dinge geändert. Wie können wir ihnen ihre ursprüngliche Natur zurückgeben? Wie können wir die Schäden ersetzen und eine Beziehung der Liebe und Dankbarkeit wieder herstellen?

Wir haben zum Bösen gebraucht, was uns der Vater zum Guten geschenkt hat, und so haben wir auch das zerstört, was Er uns nicht in die Hände gelegt hat. Wir haben zum Unseren gemacht, was für andere bestimmt war. Wir haben unter die Macht Satans gestellt, was Gottes Gabe war und dessen Herrlichkeit zeigen sollte.

Unsere Schuld ist groß! Meine Schuld ist gewaltig!

Vater, hab Erbarmen mit mir! Erbarme dich unser. Wir sind dir gegenüber Schuldner. Es ist uns nichts geblieben von dem, was du uns gegeben hast, was dir gefallen würde. Wir haben alles zerstört, wir haben nichts, was wir dir zurückgeben könnten. Sogar die kostbarsten Geschenke haben wir besudelt; wir haben sie mit Stolz und Eitelkeit, mit Egoismus und Geiz vermengt.

Vater unser, wir sind unbedeckt und nackt vor deinen Augen, ja sogar krank und unfähig, dir das volle Vertrauen zu schenken. Ab und zu sehen dich unsere kranken Augen als Herrn, anstatt als Vater, und daher packt uns die Angst.

Nimm uns wenigstens als deine Diener an!

 

VERGIB UNS UNSERE SCHULD, WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSEREN SCHULDIGERN

B.

Auch in dieser innigen Bitte bezieht sich das „Uns“ auf die christliche Gemeinschaft, die Kirche. Die Kirche hat eine Schuld gegenüber dem Vater. Die christliche Gemeinschaft hat ihr Gemeinschaft-Sein als eine Gabe bekommen. Jesus hat den Vater gebeten und von Ihm erwirkt, daß die Seinen „eins“ werden, so wir Er mit dem Vater eins ist [Joh 17]. Er hat für sie den Heiligen Geist erfleht, den Geist, der aus vielen einen einzigen Leib gemacht hat [1 Kor 12]. Jesus hat sein Blut vergossen, damit von seinen „Geschwistern“ alle Schuld gelöscht werde, und sie die Einheit und die Harmonie mit dem Vater und unter sich fänden. Und sie sind mit dem Geist der Gemeinschaft, der Brüderlichkeit, der Einheit, der Weisheit, des Dienstes und der Offenbarung bekleidet worden. Aber die Christen haben manchmal zugelassen, daß die Gaben, die der Einheit dienen sollten, Trennung verursachten, daß jene Gaben, die zum Dienst vorgesehen waren, zur Macht wurden, daß jene Gaben, die zur Evangelisation vorgesehen waren, dem Trachten nach Kultur dienten.

Auch als Gemeinde sind wir Schuldige! Wir sind Schuldige gegenüber dem Blute Jesu und gegenüber dem Heiligen Geist!

Deshalb sagen wir im Gebet: „Vergib uns!“ „Wir“ sind es als „Leib“, als „Familie“, die das Unmögliche erflehen.

Wir haben eine gemeinsame Schuld. Die Schuld aller drückt auf den Einzelnen und die Schuld des Einzelnen drückt auf alle. Daher bitten und flehen wir gemeinsam, denn meine Schuld drückt auf den anderen und die Schuld des Bruders drückt auf mich. Wenn wir unsere Schuld betrachten, sollen wir nicht diskutieren und unsere Verantwortlichkeit abwägen, um uns gegenseitig zu kritisieren, zu beschuldigen, und so die Distanz und das Leiden zu vermehren. Wir werden nur zusammen jene Gabe erbitten, die alle Erwartungen übertrifft, die totale Tilgung der Schuld.

Die gemeinsame Erfahrung unserer Sünde hat uns so gedemütigt, daß wir keinen Grund haben, uns zu rühmen und uns über den anderen zu erheben. Unsere Demütigung vereint uns in der Demut der Bitte um Vergebung. Und unsere gemeinsame Sünde läßt uns mit Demut neben den Menschen dieser Welt bleiben, um auch für ihre Sünde Abbitte zu leisten, obwohl sie sich dessen nicht bewußt sind.

Vergib uns unsere Schuld!

Unsere Schuld können wir Sünde nennen, aber sie ist noch schlimmer, denn sie ist die Frucht unserer Sünde.

Wegen der Sünde haben wir rebelliert, und auf Grund dieser Rebellion haben wir die Herrlichkeit Gottes, seine Werke, seine Pläne, die Zeichen seiner Gegenwart zerstört.

Wenn ich mit meinem Stolz und mit meiner Geldgier die Geschwister beleidige oder ihnen Unrecht tue, habe ich aus Stolz und Betrug gesündigt, aber wegen dieser Sünde habe ich auch die Einheit und die Schönheit der Kirche zerstört, das Werk, wodurch Gott sich als Freund der Menschen offenbart, und so hindere ich die Menschen daran, sich Ihm mit Vertrauen und Entschlossenheit zu nähern.

Unsere Sünden bewirken immer eine lange Kette von „Schuld“! Wir sind wirklich Schuldige Gott gegenüber, wir alle sind es, denn wir alle sind Sünder.

„Gott, du kennst meine Torheit, meine Verfehlungen sind dir nicht verborgen. Wer auf dich hofft, Herr, du Herr der Heere, soll durch mich nicht scheitern; wer dich sucht, Gott Israels, gerate durch mich nicht in Schande“ [Ps 69,6.7].

Vergib uns unsere Schuld!

Aus der Tiefe dieser hoffnungslosen Situation erheben wir den Blick, denn wir wissen, daß unser Gott immer Vater ist. Erhoffen wir uns nichts von uns selber, von Ihm aber können wir uns noch Liebe erwarten, jene Liebe, die – wenn Gott wie wir wäre – unmöglich zu erwarten wäre. Ja, von Ihm erwarten wir sie, nicht weil wir fähig sind, Ihn zu bitten, sondern weil Er sich als der Gott des Erbarmens hat erkennen lassen, und weil Er in diesem Akt der Vergebung und des Verzeihens, um den wir bitten, sich noch mehr als der Gott der Liebe offenbaren kann.

„Erhöre mich in deiner großen Huld, Gott, hilf mir in deiner Treue“ [Ps 69,14].

„Er aber hat sie gerettet, um seinen Namen zu ehren und seine Macht zu bekunden“ [Ps 106,8].

Wenn wir deshalb in uns gehen wie der verlorene Sohn im Gleichnis, das Jesus erzählt hat, können wir Hoffnung haben.

„Da bekannte ich dir meine Sünde... Und du hast mir die Schuld vergeben“ [Ps 32,5].

Wir trauen unserem Vater die Fähigkeit zu, Erbarmen zu haben, und die Möglichkeit, unsere Schuld zu tilgen. Er kann es, denn Er ist gut.

Unsere Bitte ist deshalb schon ein Glaubensbekenntnis an die Allmacht der Liebe unseres Gottes. Er ist imstande zu schenken, was wir nie imstande wären zurückzugeben. Er ist imstande, das nicht zu berechnen, was wir uns genommen und was wir zerstört haben, sogar Seinen guten Namen, Seine Ehre bei den Fremden. Er ist imstande, keine Wiedergutmachung für die von unseren Sünden verursachten Schäden und für unsere eigenen Sünden zu verlangen.

Das heißt, daß er uns mehr liebt als die Dinge, die Er sich von uns erwarten könnte.

„Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen! Wasche meine Schuld von mir ab, und mach mich rein von meiner Sünde! [Ps 51,3.4].

Verbirg dein Gesicht vor meinen Sünden, tilge all meine Frevel!“ [Ps 51,11].

Vater, vergib uns unsere Schuld!

 

VERGIB UNS UNSERE SCHULD, WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSEREN SCHULDIGERN

C.

Es ist dies eine mutige Bitte, eine Bitte, die man nur an einen Papa richten kann.

Wer würde sich trauen, einen Fremden um die Tilgung der Schuld zu bitten? Einen anderen kann man höchstens um die Verzögerung der Rückgabe bitten, zu warten, Geduld zu haben. Einen Vater kann man um die Tilgung bitten. Ein Vater könnte sogar beleidigt sein, wenn der Sohn diesen Mut nicht hätte, oder besser, diese Demut und dieses Vertrauen in seine Vaterliebe. Ein Vater liebt immer, weil seine Kinder immer die seinen sind. Er kennt sie, er hat sie geliebt und erwartet, noch bevor sie existierten. Er kann sie noch lieben und auf sie warten: So ist unser Vater! Er läßt sich von uns mit diesem Namen nennen, damit wir uns immer erinnern, daß Er uns nicht nur lieben kann, sondern daß Er uns immer wieder als Kinder zeugen kann. Er kann aus Steinen Kinder Abrahams machen, den Rebellen kann Er wieder ein Leben als Kinder schenken. Jesus hat uns daran erinnert, als Er uns das Gleichnis vom verlorenen Sohn erzählte. Jener Sohn hatte auf dem Heimweg vor – und er kam zurück, nur um ein Stück Brot zum Essen zu bekommen –, sich als Knecht anstellen zu lassen. „Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner.“ Aber der Vater antwortete: „Mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden“ [Lk 15,19.24].

Der Sohn ist wieder Sohn; der Vater gibt ihm wieder ein Leben als Kind an seiner Seite.

Unsere Bitte zeigt also Vertrauen. Nehmen wir unser Kinder-Gottes-Sein ernst! Deswegen sagen wir: Vergib uns...

Wenn der Vater unsere Schuld nicht vergeben könnte oder wollte oder dazu nicht imstande wäre, wie könnte man eine Sünde „abzahlen“? Die verschiedenen Religionen und Gesetzgebungen der einzelnen Völker versuchen, uns eine Antwort darauf zu geben.

Nur das Blut – so denken die Menschen – kann die Schuld des Menschen Gott und den Menschen gegenüber bezahlen. Ist die Todesstrafe in den Gesetzen der Staaten, der Stämme, der Sippen und Kasten nicht vielleicht die Anwort auf dieses unlösbare Problem? Und mancher, der den Druck seiner Sünde spürt, geht bis zum Selbstmord und glaubt, daß dies die einzige Lösung für die eigene Schuld Gott und den Menschen gegenüber ist. Die sensibleren Religionen ersetzen das menschliche Blut mit dem von Tieren. Ursprüngliche Religionen kennen das Menschenopfer, sei es in den Tropenwäldern, sei es in den „satanischen Kirchen“, die im Wohlstand unserer Zeit entstanden sind. Das Blut der Tiere floß in Strömen während der Feste im Tempel Jerusalems, bis zu seiner Zerstörung.

Und jetzt fließt es jedes Jahr in Strömen in Medina, an dem vom Ritual der islamischen Wallfahrt nach Mekka bestimmten Tag, oder am gleichen Tag – am Opfertag – in den Wohnungen der Muslime in der ganzen Welt.

Unser Vater liebt nicht das Blut:

„Soll ich denn das Fleisch von Stieren essen und das Blut von Böcken trinken? Bringe Gott als Opfer dein Lob, und erfülle dem Höchsten deine Gelübde! Rufe mich am Tag der Not; dann rette ich dich, und du wirst mich ehren“ [Ps 50,14.15].

„Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verschmähen“ [Ps 51,19].

Wir sagen zu unserem Vater nicht nur: Vergib uns unsere Schuld, wir bitten ihn auch, uns am Leben zu lassen!

Und Er antwortet auf unsere Bitte in ganz unerwarteter Weise: Er vergibt uns unsere Schuld als Kinder und legt unsere Sünde auf die Schulter des Sohnes, auf Jesus!

„Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen“ [Jes 53,6]. Mein Knecht, der gerechte, macht die vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Denn er trug die Sünden von vielen und trat für die Schuldigen ein“ [Jes 53,11.12].

Nicht der Vater ist es, der den Sohn zwingt, der ihm befiehlt, uns im Tragen der Sünde der Welt zu ersetzen: Jesus selber „sieht“ den Wunsch des Vaters, uns zu retten, und Er bietet sich an! Jesus liebt uns auf folgende Weise: Er sieht unsere Schuld und nimmt sie auf sich. Seine Liebe ist echte Liebe! Er stellt sich diesem Tausch, als Er in das von den Sünden der Menge schmutzige Wasser des Jordans steigt und zu Johannes sagt: „Laß es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit, die Gott fordert, ganz erfüllen“ [Mt 3,15].

Die Gerechtigkeit, die Jesus meint, ist das Erfüllung des Willens des Vaters, und der Wille des Vaters ist die Rettung der Menschen, ihre Rückkehr zu der anfänglichen Heiligkeit und Harmonie. Indem Jesus in das von der Sünde vieler verschmutzte Wasser steigt, nimmt Er die von ihnen verdiente Strafe auf sich, verwirklicht die Prophetie des Jesaja und wird zum Retter der Welt.

Mit dieser bedeutenden Geste erfüllt Jesus die ganze Liebe des Vaters, führt sie zur Bestimmung und macht sie für alle Sünder wirksam.

Seine Worte an Johannes könnten so übersetzt werden: „Ich nehme die ganze Last der Sünden der Menschen auf mich; ich biete mein Leben an, um die Schuld der Sünder zu tilgen, welche bereut haben und in dieses Taufwasser eingetreten sind. Die Liebe des Vaters für sie verwirklicht und offenbart sich in meinem Opfer.“

Der Vater nimmt den Akt des Sohnes an und öffnet den Himmel mit seiner Stimme, und der Heilige Geist wird sichtbar, damit alle wissen: Das ist der wahre, gottgefällige Mensch, der Gottes Plan, die Fülle seiner Liebe verwirklicht.

Das Mysterium ist nicht mehr geheim. Jetzt sehen wir die Liebe des Vaters. Er antwortet im voraus auf unsere Bitte um Vergebung!

Heiliger Vater, der du Jesus als Lamm annimmst, der die Sünde der Welt hinweg nimmt, wir danken dir und beten dich an!

Herr Jesus, der du dich anbietest, unsere Schuld zu tilgen, wir lieben dich.

Dürfen wir dich bitten, uns deinen eigenen Geist zu senden?

 

VERGIB UNS UNSERE SCHULD, WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSEREN SCHULDIGERN

D.

Mir ist schon oft vergeben worden. Ich habe mich über die Vergebung und Verzeihung des Vaters gefreut. Ich fühle keinen Druck mehr wegen meiner vielen Sünden, weder einen geistigen noch einen psychologischen. Ich habe sogar erfahren, daß auch die Folgen meiner Sünden getilgt worden sind und von Gott für sein Reich gebraucht worden sind. Die Barmherzigkeit des Vaters ist erfahrbar, konkret geworden: Ich bin noch am Leben, obwohl ich den Tod verdient habe; ich bin noch mit Gott in Vertraulichkeit, obwohl ich mich bei verschiedenen Gelegenheiten von Seiner Liebe entfernt habe. Nicht nur: Nachdem ich die Erfahrung und die Gewißheit der Vergebung durch den Vater gemacht habe, habe ich Ihn nachgeahmt. Als Sohn, der „das tut, was er den Vater tun sieht“ [Joh 5,19], habe ich manchem vergeben, der mich beleidigt oder mir geschadet hatte.

Ich fühle die Fähigkeit Gottes in mir! Ich besitze wirklich die Fähigkeit, meinen Schuldigern die Schuld zu vergeben.

Ich spreche für mich, aber ich bin sicher, daß das Gleiche auf für dich gilt. Auch mir ist von Menschen vergeben worden, auch von ihnen ist meine Schuld beglichen worden. Es gibt viele, die das Gleiche tun können, was der Vater tut.

Wir haben das Gleichnis vor uns, das Jesus erzählt hat, um uns von der Notwendigkeit zu überzeugen, den Vater unter diesem Aspekt seiner Liebe nachzuahmen. Der Diener, dem von seinem Herrn eine große Schuld erlassen worden ist, will seinerseits einem anderen Diener eine viel kleinere Schuld nicht erlassen. Er wird „böse“ genannt; er nimmt den Schuldenerlaß entgegen, aber er ist nicht gewillt, die Güte, die er erfahren hat, nachzuahmen und zu wiederholen. In ihm „funktioniert“ nur der Egoismus; aber der Egoismus ist nicht imstande, Liebe zu empfangen, sie weiterzugeben, von ihr durchdrungen zu sein. Deshalb wird der ihm schon geschenkte Erlaß von ihm zurückgenommen.

Wir haben keine Mühe, dieses Gleichnis zu verstehen; es ist zu einfach. Wir haben keine Mühe, das Verhalten des bösen Dieners zu verurteilen.

Wir haben schon den Geist als Kinder empfangen, die den Vater nachahmen wollen.

Der Wunsch, wie unser Vater zu sein, ist in uns schon gegenwärtig; in uns ist schon seine „Natur“, sein Heilswille für alle Menschen, auch für jene, die uns beleidigt haben.

Gerade deshalb ist das Bitten für uns keine Mühe, deshalb haben wir den Mut, zu sagen: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir...“

Wir wissen, daß die Geschichte vom Gleichnis sich nicht wiederholt, denn wir haben jemandem seine Schuld schon vergeben.

Vergib uns..., wie auch wir...

Dieses Wort des Gebetes ist wichtig. Jesus will, daß wir es sagen, daß wir uns dazu entscheiden: Er will, daß wir auch beim Gebet unsere Erfahrung mit einbeziehen.

Wenn wir sagen „wie wir“, bezwecken wir nicht, dem Vater den Grund zu zeigen, weswegen Er uns vergeben soll. Er liebt uns als Erster, nicht Er soll von uns lernen, uns nachahmen! Wir wollen Ihm auch nicht das Maß der Vergebung vorgeben, mit dem wir verlangen, geliebt zu werden. Es gibt keinen Vergleich zwischen der Schuld unserer Geschwister an uns und unserer Schuld am Vater! Außerdem ist die Schuld, die unter uns besteht, eine Familienschuld, für die wir alle mitverantwortlich sind.

Der Vater verzeiht und erläßt die Schuld „um seines Namens willen“, weil Er barmherzig und gütig ist, weil Er „Vater“ ist.

Wenn wir sagen „wie wir“, drücken wir unsere Sicherheit über die Erhörung aus, die Sicherheit seiner Liebe, denn wir merken, daß Er auch in uns die Fähigkeit einer Liebe gelegt hat, die den Menschen mehr als die Dinge, mehr als sich selbst liebt. Wenn Er uns diese Fähigkeit gegeben hat, wieviel größer wird die Seine sein? Das „wie wir“ drückt Hoffnung und totales Vertrauen aus.

Außerdem entsteht aus dem Wunsch und aus der Hoffnung, Verzeihung zu finden, in uns der Wille, noch mehr, noch tiefer und schneller zu verzeihen.

Eine große Freude erfüllt unsere Seele, wenn wir verzeihen, denn wir wissen, daß wir in dem Moment eine göttliche Tat vollbringen. Während wir vergeben, sind wir Mitarbeiter des Vaters. Unsere Vergebung gibt Ihm die Ehre, denn sie enthüllt die Schönheit seines Reiches und den Frohsinn seines Willens! Wenn wir vergeben, halten wir die Personen für wichtiger als alles andere; wenn wir vergeben, behaupten wir, daß unser Feind nicht der Mensch sein kann, sondern der Böse, der ihn quält und ihn zum Werkzeug des Bösen macht. Wie der Vater, wollen auch wir den Menschen vor seinem Feind retten, der durch die Liebe, nicht durch den Haß besiegt wird. Wenn ich den hassen würde, der mich haßt, wäre auch ich ein Opfer des Bösen, der die Kette des Bösen weiterführen will. Wenn ich hingegen vergebe, zerreiße ich diese schreckliche Kette.

Worin besteht meine Vergebung den Menschen gegenüber? Ich höre öfters sagen: Ich kann nicht vergeben. Und manchmal muß ich selber Schwierigkeiten überwinden, die durch meine Überlegungen, durch meine Empfindlichkeit und durch meinen Groll verlängert werden, bevor ich imstande bin, zu vergeben. Unsere Vergebung besteht darin, die Sünde unserer Geschwister auf die Schultern Jesu zu legen. Andernfalls sind wir nicht imstande, die Last zu tragen, und wir würden rebellieren. Wenn wir die Sünde der Geschwister schon von Jesus erhöht, schon auf seinem Kreuz gegenwärtig betrachten – oder wir selber legen sie darauf –, dann ändert sich alles. Unsere Ressentiments werden gedämpft, unsere Überlegungen legen sich.

Wenn unsere Vergebung den Geschwistern gegenüber so aussieht, kann sie lange andauern, ewig. Dies wird eine wirksame Vergebung, denn sie ist Liebe zum Vater und Teilhabe am Opfer Jesu.

Vater, du hast mir die Möglichkeit gegeben, den Geschwistern zu vergeben,

zu tun, was du tun willst, zu lieben, wie du liebst.

Ich danke dir und preise dich, weil du erlaubst, daß ich deinem Sohn Jesus nicht nur meine Sünden übergebe, sondern auch jene der Geschwister, die mich haben leiden lassen.

Jesus, Lamm Gottes, erbarme dich unser!

 

VERGIB UNS UNSERE SCHULD, WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSEREN SCHULDIGERN

E.

Allen Ernstes richten wir die Bitte an den Vater: „Vergib uns.“ Wir haben wirklich eine Schuld und wir wünschen aufrichtig, daß uns verziehen wird. Und tatsächlich bleibt dieses Gebet nicht ohne konkrete Antwort.

Der auferstandene Jesus haucht auf die Apostel den Heiligen Geist mit den Worten: „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben.“ Dies ist ein undenkbares, riesengroßes, unvorstellbares Geschenk. Die Jünger Jesu, die den Heiligen Geist empfangen, können Sünden vergeben: Und Gott selber gehorcht ihrem Wort. Es ist der auferstandene Jesus, der diese Aufgabe seinen Zwölf anvertraut;

der Auferstandene stirbt nicht mehr. Dieses sein Wort ist deshalb und wird immer aktuell sein.

Der Vater hat durch Jesus der Kirche die Aufgabe anvertraut, meine Bitte zu beantworten.

Die Antwort ist also weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft gegeben, sie ist weder Erinnerung noch Verheißung, sie ist ständig gegenwärtig und lebendig, dort wo die Kirche gegenwärtig und lebendig ist.

Solange die Kirche existiert, kann ich eine Antwort auf meine Bitten bekommen. Wenn ich mich reumütig und voller Sehnsucht, die Vergebung des Vaters zu empfangen, dem Diener der Kirche nähere, antwortet mir dieser mit der Stimme jener Jünger, die der Sohn erwählt, gesandt und mit seinem Geist erfüllt hat.

Vergib uns unsere Schuld...

Danke, Vater, das hast Du schon sehr oft getan, und noch oft wird mich Deine konkrete Antwort erreichen; mit meinen Ohren werde ich sie hören und mit meinem ganzen Wesen werde ich mich darüber freuen. Noch mehr überraschst Du mich, wenn Du meinen Brüdern durch mein Wort vergibst. Meine Sünderstimme wird von Dir gebraucht, um von den Menschen die Last ihrer Sünde wegzunehmen und sie auf das Kreuz Jesu zu legen. Welch unglaubliches Wunder!

Ich, Diener deiner Kirche – wir als die christliche Gemeinschaft – vergeben in Deinem Namen, in Deinem Auftrag, die Sünden Deiner Kinder.

Vergib uns, wie auch wir vergeben!

Ja, wir vergeben die Schuld der Menschen mit der Kraft deines Geistes, mit dem Wort, das uns Jesus in den Mund gelegt hat, mit der Liebe, die Du in unser Herz gelegt hast. Wir, Deine Kirche, vergeben auf sakramentale Weise die Schulden: Mit einer von Dir uns anvertrauten Geste! Es ist diese von der Kirche ständig ausgeübte Geste, die den Menschen Hoffnung gibt, welche die an den schlimmsten Verbrechen Schuldigen aus der Verzweiflung herausholt.

Es gibt keine Sünde, die der Vater nicht vergeben kann; es gibt keine Schuld, wofür es kein verzeihendes Wort seitens der Kirche gibt.

Der Mensch ist fähig zu schrecklichen Entscheidungen und grausamen Taten, die unerhörte Leiden an einzelnen Personen, ganzen Familien oder Völkern verursachen können. Es scheint unmöglich, daß es Vergebung für solch schwere Verbrecher geben kann.

Trotzdem werden unserem Gebet keine Grenzen gesetzt, noch sind sie der Kirche gegeben für das Wort, das sie über die Sünde sprechen soll. Die Barmherzigkeit des Vaters ist nämlich Barmherzigkeit des VATERS, das heißt von Einem, der ständig neues Leben schafft. Er ist fähig, neues, heiliges Leben auch dem verabscheuungswürdigsten Menschen auf Erden zu geben. Die Barmherzigkeit zeigt die Grenzen der Größe Gottes!

Unsere Bitte um Vergebung setzt die Fähigkeit voraus, sich vergeben zu lassen, sich umsonst lieben zu lassen. Das ist nicht immer leicht, es ist gar nicht leicht. Wir möchten die Vergebung verdienen, wir möchten unsere Schuld bezahlen, um uns nicht mehr als Schuldige zu fühlen. Das ist natürlich nicht möglich. Es ist dieser Stolz, der den Sünder in die Verzweiflung stürzen läßt, wie Judas. Unsere Sünde selbst wiedergutmachen wollen, ist unmöglich. Es ist notwendig, sich lieben zu lassen.

Jesus hat klar gesagt: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen.“ Eine Charakteristik des Kindes ist es, ohne Schwierigkeit die Liebe anzunehmen, die ihm zugewendet wird, sie anzunehmen ohne Probleme. In uns Erwachsenen ist – wer weiß warum – die typische Mentalität der Pharisäer herangereift, welche die Liebe Gottes kaufen und bezahlen wollen.

Als Jesus dem Petrus die Füße waschen will, lehnt dieser es ab. Die instinktiven und psychologischen Gründe einer solchen Ablehnung können verschiedenartig sein, aber eins ist sicher: Es ist schwer, sich lieben zu lassen. Der Mensch will nicht akzeptieren, daß ein anderer für ihn – unbezahlt – leidet und sich abmüht.

Als ich die Männer meiner Pfarrei gefragt habe, ob sie sich am Gründonnerstag die Füße waschen lassen, haben ganz wenige zugestimmt. Die instinktiven Begründungen der Ablehnung waren stärker als die Gründe des Glaubens. Hingegen haben die Kinder sofort freudig dem gleichen Vorschlag zugestimmt. Und sie machten sich keine Sorgen, saubere und duftende Füße zu haben!

Vor Jesus – und vor Jesus, der mir vergibt und meine Sünde trägt – ist nur diese Haltung möglich: Ich lasse mich von Ihm umsonst lieben, ohne etwas zu verdienen, ohne das Geschenk, das mir gemacht wird, zu bezahlen. Unter dieser Bedingung ist es möglich, mit Ihm „Gemeinschaft“ zu haben, an ihm teilzuhaben. Jesus lebt von unentgeltlicher Liebe und schenkt göttliche Liebe, die immer umsonst ist; deshalb können wir Gemeinschaft mit Ihm nur haben, wenn wir die gleiche Liebe leben. Vergebung empfangen ist nur dem möglich, der sich umsonst lieben läßt, und vergeben ist nur für den möglich, der umsonst liebt.

Sowohl die Vergebung, die man empfängt, als auch die man schenkt, ist göttliches Werk, ist göttliche Liebe; göttlich heißt vollkommen. Die Liebe ist vollkommen, wenn sie sich nicht bezahlen läßt!

Herr Jesus, dank deines Wortes und deines Geistes, vergeben wir - deine Kirche, dein Leib -, unseren Brüdern ihre Schulden; so antwortest du auf unsere Bitte! Wir danken dir, daß wir die volle Gemeinschaft mit dir und mit unserem Vater im Himmel genießen können, weil unsere Sünden vergeben sind, und unsere Seele gereinigt ist.

 

VERGIB UNS UNSERE SCHULD, WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSEREN SCHULDIGERN

F.

„Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr“ [Kol 3,13]. Es ist der heilige Paulus, der diese Einladung macht, welche die Kirche zum Ort einer immer erneuerten Gemeinschaft macht. Wir tun, was der Herr will, ohne Widerstand und ohne Überlegungen. Die Tatsache, daß der Herr vergibt, ist Grund genug, um auch zu vergeben. Die Empfehlung, mit der Jesus die Lehre des Gebetes schließt, ist ganz klar und ganz streng: Durch sie verstehen wir, daß unsere Vergebung gegenüber den Geschwistern nicht in unserem Ermessen liegt.

„Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ [Mt 6,14-15]. Da wird unser Vergeben die notwendige Bedingung, um die Vergebung des Vaters zu empfangen. Er vergibt uns immer und nur, weil Er gut ist, aber uns ist nicht vergeben - wir sind nicht von der Liebe des Vaters umgewandelt -, wenn wir selber nicht vergeben. Warum sind wir manchmal nicht imstande, zu vergeben?

Es kann hier nützlich sein, zu wiederholen, worin die Vergebung besteht, sei es die wir empfangen, sei es die wir schenken. Der Vater vergibt uns, indem Er die Last unserer Schuld auf Jesus legt; wir vergeben, wenn wir die Last der Sünde unserer Brüder auf Jesus legen. Wenn wir nicht imstande sind zu vergeben, dann wahrscheinlich deshalb, weil wir mit Jesus keine vertrauensvolle Beziehung haben, weil wir noch nicht bekehrt sind.

Kannst du nicht vergeben? Bemühe dich nicht, sondern überprüfe deine Liebe zu Jesus, erneuere sie. Versuche, Jesus mehr als dich selbst zu lieben, versuche anzunehmen, daß Er deine Schuld trägt, daß Er dein Erlöser ist. Du bist noch nicht fertig in deinem Bemühen und schon merkst du, daß du imstande bist, zu verzeihen.

Wir können nämlich verzeihen, weil wir Jesus bitten können, die Sünde zu tragen, wir können sie Ihm anvertrauen.

Nur deshalb können wir auch die Feinde lieben. Was heißt sie lieben? Es heißt, für sie die Rettung zu wünschen, zu wünschen, daß auch sie vollkommene Gemeinschaft mit dem Vater und mit Jesus haben, und dafür beten, dafür leiden und opfern.

Es ist diese Liebe, die uns als „Kinder Gottes“ kennzeichnet. „Liebt eure Feinde, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein“ [Lk 6,35].

Wenn ich nicht imstande bin, sofort zu verzeihen, so sage ich zumindest: „Herr Jesus, vergib Du die Sünde dieses Bruders.“ Dieses Gebet hilft mir, mich von meinem Groll zu trennen und meinen „Feind“ von Jesus geliebt, mit Ihm verbunden zu sehen. Dies ist eine Befreiung!

Jesus hat keine Angst vor unseren Sünden, noch vor den Sündern! Er flieht nicht diese unsere Situation, gerade weil Er uns liebt. Es geschieht nämlich in unserem Zustand als Sünder, daß wir seiner Liebe begegnen, daß wir sie erkennen. Und wenn unsere Sünde groß ist, sieht der Herr in uns die Möglichkeit einer noch größeren Liebe. Er fragt Simon, den Pharisäer: „Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm fünfhundert Denare schuldig, der andere fünfzig. Als sie ihre Schulden nicht bezahlen konnten, erließ er sie beiden. Wer von ihnen wird ihn also mehr lieben?“ [Lk 7,41.42] Die Antwort ist naheliegend.

Unsere Sünde erschreckt Jesus nicht, denn Er sieht im Vergeben die Gelegenheit für uns zu einem Wachstum in der Liebe, zu einem Ähnlichwerden mit dem Vater.

Vergebung und Liebe stehen immer in enger gegenseitiger Beziehung. Jesus bemerkt dies, wenn Er die Sünderin sieht, die Ihm die Füße mit Tränen wäscht und sie küßt. „Ihr sind die vielen Sünden vergeben, sie hat viel geliebt. Wem wenig vergeben wird, der liebt wenig.“

Lieben, um Vergebung zu erhalten; sich alles vergeben lassen, um vollkommen zu lieben.

Wahrhaftig, wir sind alle Sünder. Das können wir nicht leugnen. Wenn uns nicht bewußt ist, daß uns vergeben worden ist, läuft unsere Liebe Gefahr, Stolz zu werden und also keine Liebe mehr zu sein, sondern Suche des eigenen Ruhmes. Das Erkennen der eigenen Schuld wird zur Gelegenheit für die Echtheit der Liebe. Der Apostel Jakobus empfiehlt daher: „Bekennt einander eure Sünden, und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet“ [Jak 5,16]. Sünder zu sein ist keine Schande, wenn man wünscht, im Herrn zu sein! Wir können unser Sünder-Sein vor allen bekennen: Es ist die Wahrheit, es ist der erste Schritt, damit wir Gott die Ehre geben, der groß ist, weil Er barmherzig ist.

Im Bekennen dieser unserer gemeinsamen Situation und im Beten um die gegenseitige Vergebung besteht unsere Heilung. Es gibt eine wirkliche Verbindung – wenn auch oft geheimnisvoll – zwischen Sünde und Krankheit. Wir können zumindest verstehen, daß beide Situationen ein Werk des Feindes des Menschen sind. Sünde und Krankheit bringen Satan die Ehre, solange wir sie Jesus nicht abgeben. Ihm übergibt man die Sünde und Ihm opfert man die Krankheit auf, damit Er uns von den Leiden erlöst und uns nicht in Versuchung fallen läßt. Wenn die Sünde, auch mit Hilfe von Geschwistern, übergegeben ist, ist sie vergeben, wenn die Krankheit aufgeopfert ist, bewirkt sie selbst eine Heilung des Geistes, oder sie vergeht sogar ganz .

Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir...

Das Gebet, das uns Jesus in den Mund legt, besteht nicht nur aus Worten: Es schafft innere Bedingungen, die das Heil bringen; es befreit uns von unserem Ich, es verwandelt uns, während wir es beten.

Die Betrachtung des Vaters füllt uns mit dem Vertrauen, Ihn um Vergebung zu bitten, macht uns aufmerksam auf unser Handeln als Kinder und Mitarbeiter in der Rettung und Befreiung der Menschen von dem Bösen.

Und genau das beinhaltet die nächste Bitte.

Heiliger, guter Vater, laß nicht zu, daß mein Herz auf die Sünde des Menschen reagiert; ich würde böse, zornig, bitter und traurig werden. Gewähre mir, immer und nur auf deine Liebe zu reagieren, auf jene, die du mir schenkst und jedem anderen Menschen, auf jene Liebe, die du mir in Jesus am Kreuz gezeigt hast. Du und ich werden immer eins sein im Vergeben. Du, der Heilige, und ich der Sünder, dem vergeben wurde, werden eins sein im Austeilen der Liebe auf dieser von dir gewollten und erwarteten Welt

 

 

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A.

Dies ist die dritte Bitte, die wir an den Vater richten. Auch wenn wir von Ihm das tägliche Brot – das materielle, das eucharistische und geistige – und seine Vergebung empfangen, bleibt unser Leben trotzdem immer in Gefahr. Wir haben Feinde, oder besser einen Feind: einen einzigen, persönlichen und gemeinsamen. Er ist mein Feind und Feind der Kirche. Wir haben es nötig, beschützt, verteidigt zu werden. Diese Bitte, die das Gebet, das wir von Jesus erhalten haben, beschließt, ist ein Echo auf die unzähligen Hilfeschreie des Psalters:

„Zahlreicher als die Haare auf meinem Kopf sind die, die mich grundlos hassen“

[Ps 69,5].

„... denn mir ist angst. Erhöre mich bald!“ [Ps 69,18]

„Ich aber bin arm und gebeugt.

Eile, o Gott, mir zu Hilfe!“ [Ps 70,6]

„Gott, bleibe nicht fern von mir!

Mein Gott, eile mir zu Hilfe!“ [Ps 71,12]

„Sei mir nicht fern, denn die Not ist nahe,

und niemand ist da, der hilft.“ [Ps 22,12]

„Vernimm mein lautes Schreien, mein König

und mein Gott, denn ich flehe zu dir.“ [Ps 5,3]

Wir sind sehr schwach! Unser Leben und unser Glauben sind immer in Gefahr. Unsere Liebe zum Vater ist bedroht. Was würde uns bleiben, wenn sie verschwinden würde? Gott selber stellt uns auf die Probe: Er muß „sehen“, ob wir Ihn wirklich lieben! Aber unser Feind nutzt dies aus und verwandelt die Liebesproben in Versuchungen gegen den Vater.

„Keiner, der in Versuchung gerät, soll sagen: Ich werde von Gott in Versuchung geführt. Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemand in Versuchung“ [Jak 1,13]. Seien wir sicher, daß Gott uns nicht aus seinem Herzen entfernen will, aber Er will sehen, ob unsere Liebe zu Ihm echte Liebe ist, oder ob sie eine eigennützige Nähe ist. Bin ich dem Vater nahe, weil ich Ihn liebe, oder bin ich Ihm nahe, weil ich wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche oder des Ansehens wegen Vorteile habe? Gott muß es wissen, oder besser, ich selber muß es merken und die Konsequenzen daraus ziehen. Entweder ich nähere mich ihm in einer vom Egoismus gereinigten Weise, oder ich trenne mich ganz, um mich nicht selbst zu täuschen und die anderen nicht zu betrügen.

Deshalb stellt Gott seine Freunde und auch jene, die sich seine Freunde nennen, auf die Probe. „Gott stellte Abraham auf die Probe ... nimm deinen Sohn, deinen eigenen Sohn...“ [Gen 22,1]. Bevor er sich den kommenden Generationen als Freund Gottes vorstellt, muß Abraham selbst beweisen, daß er es ist. Die ihm vorgeschlagene Probe ist hart. Liebt Abraham Gott wirklich mehr als sich selbst? Hört er auf Gottes Wort oder auf die eigenen Überlegungen? Befolgt er die Hinweise Gottes oder seine menschlichen und väterlichen Instinkte?

Dies ist eine Probe im Sinne Gottes, denn Er freut sich am Vertrauen seines Freundes. Es wäre eine Versuchung im Sinne Satans, der auf den Ungehorsam von seiten Abrahams hofft. Die Beweggründe des Herzens und die des Lebens kämpfen gegen das Wort des Vaters.

Abraham findet nichts Wichtigeres als das Wort Dessen, der ihn geschaffen und gerufen hat: „Er verließ sich darauf, daß Gott sogar die Macht hat, Tote zum Leben zu erwecken...“ [Heb 11,19]. Nichts ist besser, als das, was Gott fordert: Ist Er nicht der Freund des Menschen, ist Er nicht der Vater, der nichts verabscheut von dem, was Er geschaffen hat? Warum zweifeln? Töricht ist der, der das Wort des Vaters verläßt, um den Überlegungen und der Sicherheit, die von den „normalen“ Erfahrungen kommen, zu folgen. Die ganze Welt ist in den Händen des allmächtigen und treuen Gottes! Um sein eigenes Wort zu halten, überspringt Gott sogar die Naturgesetze.

Der Engel, der Abraham in seinem Gehorsam erscheint, um seine über den Sohn gestreckte Hand zurückzuhalten, sagt zu ihm: „Denn jetzt weiß ich, daß du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten. Du hast auf meine Stimme gehört“ [Gen 22,12.18]. Die von Abraham überstandene Probe ist typisch, und sie wiederholt sich – auf immer verschiedene Weise – für jeden Gläubigen: „Du sollst an den ganzen Weg denken, den der Herr, dein Gott, dich ... geführt hat, um dich ... zu prüfen. Er wollte erkennen ..., ob du auf seine Gebote achtest oder nicht“ [Dt 8,2].

Der Herr weiß sicher, was unser Herz bewegt, noch bevor Er es auf die Probe stellt. Wir sind es, die uns dessen bewußt werden sollen! Wir wiegen uns zu leicht in der Illusion, wahre Kinder Gottes zu sein, auch ohne uns seiner Vaterschaft und seiner Weisheit anzuvertrauen. Der Vater will, daß wir wirklich sein sind. Er will uns daran gewöhnen, Ihm zu gehören unter allen Umständen, „kollaudierte“ Überbringer seiner Liebe zu sein. Seine Proben läutern diese Liebe, indem sie die Festigkeit unserer kindlichen Anhänglichkeit Ihm gegenüber ans Tageslicht bringen. Eine Läuterung braucht es immer, denn unser Ich gefällt sich in unzähligen Weisen seiner selbst. Ich muß oft erzogen und verbessert werden, immer wieder. Mit zu großer Leichtigkeit fange ich wieder an, mich selber und meine Gedanken zu lieben, viel mehr als das Wort und die Verheißung Gottes. Die Proben müssen fortwährend sein, denn ständig besteht die Notwendigkeit, die Wünsche, den Willen, die Gefühle, die Vorsätze zu korrigieren.

Guter, heiliger Vater, du siehst mich und du kennst mich. Du weißt, was für mein Wachstum und meine Läuterung notwendig ist. Ich fürchte deine Proben nicht, aber schenke du mir die Liebeskraft, die dein Sohn gehabt hat, um dir treu zu sein, auch in den schwierigsten und schrecklichsten Momenten.

Ich danke dir, denn du erhörst mich!

 

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B.

Wer Gold kauft, will sicher sein, daß das, was er kauft, wirklich Gold ist, sonst könnte er es nicht für seine Zwecke verwenden. Die Probe geht durch das Feuer. Das Gold wird geläutert und so auch von Schlacken oder anderen beigemischten Materialien gereinigt.

„O Gott, du hast uns auf die Probe gestellt, und uns geläutert, wie man Silber läutert“ [Ps 66,10]. „Jetzt müßt ihr kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren, und es wird sich zeigen, daß er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde... So wird eurem Glauben Lob, Herrlichkeit und Ehre zuteil...“ [1 Pt 1,6-7]. Auch Jesus geht durch die Probe. Er hätte es nicht gebraucht. Sein Herz muß nicht geläutert werden, denn in Ihm ist keine Sünde. Er liebt den Vater über alles, trotzdem wird auch Er auf die Probe gestellt. Wir sind es, die es nötig haben, zu sehen, daß auch die Liebe des Sohnes geläutert wird. Wir und die Welt glauben nicht, daß uns eine Person liebt, wenn wir sie nicht für uns leiden sehen. Wenn jemand mit mir und für mich leidet, dann weiß ich, daß er ein zuverlässiger Freund ist. Jesus ist sich dieser unserer „Notwendigkeit“ bewußt.

„Die Welt soll erkennen, daß ich den Vater liebe.“ Es genügt nicht, daß es der Vater weiß, die Welt soll erkennen, denn es ist die Welt, die Jesus als Freund, als Retter, als Offenbarer des Vaters annehmen soll.

„Ich werde nicht mehr viel zu euch sagen;

denn es kommt der Herrscher der Welt.

Über mich hat er keine Macht,

aber die Welt soll erkennen, daß ich den Vater liebe“ [Joh 14,30-31].

Es ist der Wille Gottes, daß die Welt erkennt. Wie erfährt es die Welt? Die Welt hat eigene Möglichkeiten, zu erfahren, und Jesus unterstellt sich diesen. Er nimmt freiwillig das Kommen des Fürsten dieser Welt in seinem Leben, in seiner Beziehung zum Vater an. Der Fürst dieser Welt hat eine gewaltsame, schreckliche Art zu handeln. Jesus lehnt ihn nicht ab, Er läßt sich von ihm quälen, auch ohne ihm zu gehorchen, ohne dessen Haß, dessen Bosheit, dessen Reaktionen in sein Herz aufzunehmen. Der Fürst der Welt kommt, und aus den Folgen dieses Kommens erstrahlt Jesus in seiner Liebesbeziehung zum Vater. Jesus hängt vom Vater ab, Er hört auf den Vater, Er opfert sich ständig dem Vater auf und gebraucht in diesem seinem Opfer alles, was Ihn der Böse erleiden läßt. Aber Jesus erduldet nicht, Er opfert. Das Leiden und der Tod sind für Ihn Versuchung, aber Er nimmt sie wie aus den Händen des Vaters: „Der Kelch, den mir der Vater gegeben hat – soll ich ihn nicht trinken?“ [Joh 18,11]

Jesus zeigt so seine volle und totale Kindschaft, da Er die Prüfung besteht; und Er besteht sie, indem Er den Tod zu einem Liebes- und Vertrauensakt dem Vater gegenüber macht.

Er, der uns das Gebet in den Mund legt: „Vater, führe uns nicht in Versuchung“, zeigt uns, wie man in Zeiten der Versuchung leben kann und soll. Er verwandelt die Versuchung in eine Gelegenheit, um Seine Liebe zum Vater zu offenbaren.

Führe uns nicht in Versuchung!

Die Versuchung ist oft gegenwärtig, immer. „Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann“ [1 Pt 5,8]. Es sind Worte des Apostels Petrus, der das Leben der Christen schon kennt. Der Herr Jesus hatte schon das Gleiche gesagt, als Er vom Unkraut gesprochen hatte, das mit dem guten Samen auf den Acker gesät wird. Der Böse sucht jene, die dem Herrn dienen wollen, um sie zu versuchen [Sir 2,1], und er will sich in die Werke Gottes überall hinein schleichen! Mit hinterlistigen Techniken und Anregungen will er die Menschen zwingen, gegen den Vater zu rebellieren, Ihn als Feind zu sehen, als Herrscher, anstatt als Vater.

Es ist gerade dies die eigentliche Versuchung, mit der er sich an Jesus in der Wüste Juda wendet. Er möchte, daß Jesus sich zu „guten“ Taten entschließt, sogar zu Taten des Glaubens oder der Liebe für die Völker; seine Einflüsterung möchte, daß Jesus von sich aus etwas tut, unabhängig vom Vater; er möchte einen Sohn sehen, der seinen Gedanken folgt, ohne auf den Vater zu hören, und er begründet die Vorschläge mit dem Wort: „Wenn du der Sohn Gottes bist!“ Es ist, wie wenn man sagen würde: Wenn du Gottes Sohn bist, mach dich zum Herrscher. Als ob Gott ein Herrscher wäre! Wir wissen, wie Jesus die Situation angegangen ist: „Wenn ich Sohn bin, bleibe ich Sohn! Wenn ich Sohn Gottes bin, höre ich auf den Vater und gehorche ihm! Da ich Sohn bin, bin ich sicher, vom Vater geliebt zu werden; Er bewahrt mich ständig und Er ist bereit, mir Seine Pläne zu zeigen, denn Er vertraut mir. Da ich Sohn bin, nähre ich mich mit Seinen Worten!“

Die Versuchung will mich die Vaterschaft Gottes vergessen lassen und das daraus folgende Vertrauen, das ich in Ihn haben kann. Wenn in mir das Bild von einem Herrschergott bleibt, wünsche ich bald, an seine Stelle zu treten, ohne Ihn auszukommen, Ihn zu verurteilen, und Ihn deshalb aus meinen Entscheidungen auszuschließen.

Führe uns nicht in Versuchung!

Erlaube nicht, daß ich Deine Liebe vergesse, daß ich vergesse, daß Du mein Vater bist, daß Du für mich sorgst. Erlaube nicht, daß ich mein volles Vertrauen zu Dir verliere. Vater unser, laß uns nicht in diese Täuschung fallen, welche die Beziehung mit Dir zerstört und in uns die Verzweiflung hinterläßt, Waisen zu sein, keine Geschwister, sondern Konkurrenten und gegenseitige Feinde zu sein. Wenn Deine Prüfung kommt, erlaube nicht, daß ich in die Hände des Bösen falle.

Vater unser, überlaß uns nicht uns selber! Bleibe du gegenwärtig, laß dein Angesicht als Vater leuchten! Laß uns nicht der Versuchung nachgeben, dich als Herrscher zu sehen. Wir möchten selbst Herrscher sein, die niemandem Rechenschaft schulden über die eigenen Handlungen.

Du bist Vater! Ich vertraue dir und ich höre auf dich.

 

FÜHRE UNS NICHT IN VERSUCHUNG,SONDERN ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN

C.

Das Buch Ijob stellt uns am Anfang Satan vor, der die Treue des Freundes Gottes auf die Probe stellen will. Er spricht den Zweifel aus, ob diese Treue der bezahlte Preis ist, um den eigenen Wohlstand und den der eigenen Kinder zu bezahlen.

„... rühr an sein Gebein und Fleisch; wahrhaftig, er wird dir ins Angesicht fluchen“ [Ijob 2,5]. Der Herr erlaubt Satan, seinen Knecht mit Krankheit zu schlagen. Durch die Prüfung erstrahlt Ijob noch mehr als Freund Gottes.

Auch der heilige Paulus sieht das Handeln des Bösen als Werkzeug Gottes:

„Damit ich mich wegen der einzigartigen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gestoßen: ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe“ [2 Kor 12,7].

Gott bedient sich des Werkes Satans, um seinen Apostel vor Überheblichkeit zu schützen! Diese Art, die Versuchung zu betrachten, ist neu und befreiend! Wir können frei und ohne Angst bleiben auch bei den Angriffen des Bösen; auch er ist – auf geheimnisvolle, aber reelle Weise – ein Diener der Vorsehung Gottes. Obwohl sein Handeln dem Menschen Leiden bereitet, bewahrt er im Menschen, reich an göttlichen Erfahrungen, die Haltung der Demut. Der Mensch entdeckt sich arm und krank gerade aufgrund der Stärke und Gewalt Satans, deshalb wird er nicht überheblich, vertraut nicht auf sich selbst, sondern er wirft sich mit Entschlossenheit in die Arme der Gnade, die von oben kommt, weil er sich für jemanden hält, der alles empfängt. „Meine Gnade soll dir genügen“, antwortet der Herr dem Apostel, der mit Nachdruck bittet, von Versuchung und Leid befreit zu werden. Die Gnade Gottes braucht nicht die Kraft des Menschen, um zu handeln, im Gegenteil!

Führe uns nicht in Versuchung!

Diese Bitte hält uns in demütiger Haltung. Wenn ich stehe, ist es nicht durch meine eigene Leistung, sondern weil der Vater auf meinen Ruf antwortet.

Die Geschichte der Menschen ist nicht immer eine Geschichte von Siegen. Die Heilige Schrift stellt uns große Niederlagen des Volkes Gottes und einzelner zur Heiligkeit berufener Personen vor! Wenn der Mensch immer Sieger über dem Bösen wäre, würde er stolz werden, und der Stolz würde ihn in den Ruin führen. Wenn der Mensch sich vor Gott fühlte, wie vor einem Zauberer, der seine Wünsche ständig erfüllt, würde er nur auf seinen Egoismus achten, würde er sich nur sicher seiner selbst fühlen; am Ende wäre er traurig wie ein Waisenkind, ohne Vater, und daher ohne echte Sicherheit und ohne Standfestigkeit.

In der Wüste – inmitten großer Schwierigkeiten – fährt das Volk Gottes fort, zu murren und zu jammern, obwohl es sich fester Verheißungen erfreut; es vertraut jenem Vater nicht, der ihm so oft gezeigt hat, daß er es liebt; im Gegenteil, es macht sich zum „Versucher“ Gottes: „Sie stellten den Herrn auf die Probe, indem sie sagten: Ist der Herr in unserer Mitte oder nicht“ [Ex 17,17]. Das Volk möchte vom Herrn einen unbedingten Segen, ohne vorheriges Hören, ohne auf seine Pläne einzugehen. das hieße, Gott wie einen Zauberer zu behandeln, nicht wie einen Vater.

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen“ [Mt 4,7], wiederholt Jesus! Der Vater bleibt immer der Vater, und ich bleibe deshalb immer Sohn.

Auch ich will in dieser Haltung bleiben, auch wenn manchmal die Gewalt der Menschen zu überwiegen scheint, und sie überwiegt auch. Aber das Kindsein bewahrt unserem Herzen den Frieden und die Fülle der Gelassenheit; es bewahrt in uns die wahre menschliche Reife.

Jesus hat uns, noch tiefer als Abraham, die Reife, die Größe und die Wahrheit des Menschen, der Sohn des Vaters bleibt, gezeigt. „Aufgrund des Glaubens brachte Abraham den Isaak dar, als er auf die Probe gestellt wurde, und gab den einzigen Sohn dahin, er, der die Verheißungen empfangen hatte und zu dem gesagt worden war: Durch Isaak wirst du Nachkommen haben. Er verließ sich darauf, daß Gott sogar die Macht hat, Tote zum Leben zu erwecken“ [Heb 11,17-18].

Abraham zweifelt nicht an Gott: ER hält seine Verheißungen, nicht mit menschlichen Fähigkeiten, sondern mit seiner Allmacht; man kann Ihm also gehorchen, auch wenn Sein Wort dem Menschen widersprüchlich erscheint. Der Glaube Abrahams ist groß!

Der Glaube Jesu ist der gleiche, aber noch viel größer.

Jesus bietet sich selber an: „Vater nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“

Während seines Leidens läßt alles darauf schließen, daß Satan, der Fürst dieser Welt, am Werk ist. Er ist es, der Verrat, Haß und Verurteilung entstehen läßt. Trotzdem bleibt Jesus dem Vater zugewandt: „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist.“

Als ob er sagen würde: „Der Vater ist mir Vater, auch wenn ich, um Sohn zu bleiben, um nicht aufzuhören zu lieben und von Ihm abhängig zu sein, in den Tod eingehen muß. Ich gehe in den Tod, der mir vom Bösen angeboten wird, aber ich glaube, daß der Vater immer Der ist, Der das Leben gibt, und Er wird die Verheißung halten, daß das Reich Davids kein Ende haben wird; im Gegenteil, Er wird die Verheißung in einer noch schöneren Weise halten, als es der Mensch sich vorstellen könnte!“

Jesus überwindet eine größere Probe als Abraham. Er ist Sieger über die Versuchung, die Ihn am Kalvarienberg erreicht, und zwar aus dem Mund der Hohenpriester, aus dem Mund des Räubers und der Soldaten, aus der Abwesenheit seiner Jünger. Während Ihm das Leben entflieht, jenes Leben, das Er ewig weiß, sagt Er: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“

Jesus vertraut dem Vater! Er betrachtet Ihn immer als Papa. Er bleibt innerlich mit Ihm tief verbunden. Niemand und nichts, nicht einmal der Tod, rückt Ihn von dieser Einheit ab. Die Versuchung, die Ihn vom Vater getrennt sehen will, ist besiegt!

Ich kann nicht anders, als auf Jesus schauen, wenn ich in meinem Herzen Kräfte, Gedanken und Worte finde, die mich in eine Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Gott führen möchten, die Ihn mir mehr als den Herrscher als den Papa ausmalen. Im Schauen auf Jesus sehe ich meinen Sieg. Wenn ich auf mich selber schaue, erliege ich bald der Versuchung, denn die Eigenliebe ließe mich DIE LIEBE verlieren.

Ich schaue auf Jesus: Er ist mein Sieg! Er ist der Sieg der ganzen Kirche, Er ist die Antwort des Vaters auf die Bitte: „Führe uns nicht in Versuchung!“

Danke, Vater, für deinen Sohn Jesus. Mit ihm lebe ich, mit ihm vereint. Er ist die Stütze, die mich hält auf dem Weg zu dir; er ist der Führer, er ist der Stock, auf den ich mich stützen kann, und das Licht, dem ich mich anvertrauen kann. Mit ihm fürchte ich nicht, das Ziel zu verlieren. Mit ihm bin ich stark in Gefahr.

Danke für deinen Sohn Jesus!

 

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D.

Die wörtliche Übersetzung des Matthäus-Evangeliums aus dem Griechischen heißt: „Entreiße uns dem Bösen!“ Entreiße uns! Der Böse ist wie „ein brüllender Löwe, der sucht, wen er verschlingen kann“, und er hat uns schon mit den Zähnen gepackt. Wir tragen schon die Zeichen der Bisse des Löwen; der Böse hat in uns einen Anhaltspunkt gefunden, irgendwie hat er uns schon in seiner Macht.

„Sie handeln verwerflich und schnöde;

da ist keiner, der Gutes tut“ [Ps 14,1].

So betont es der Psalm, und der heilige Paulus setzt nach:

„Alle, Juden wie Griechen, stehen unter der Herrschaft der Sünde“ [Röm 3,9].

Unsere Sünden, unsere Neigungen, unsere immer wieder aufbrechenden und manchmal befriedigten Begierden sind Beweis davon, daß der Böse schon manchen Sieg in uns errungen hat; deshalb fordert er Rechte über unser Leben ein.

Vater unser, entreiße uns!

Der Böse war und ist stärker als wir, aber nicht stärker als Du! Du bist stärker als er! Reiß uns aus seinen Zähnen, aus seinem Rachen. Über Jesus hat der Böse keine Macht, denn Er ist ohne Sünde, aber über uns kann er Macht ausüben, denn in uns gibt es schon etwas, das ihm gehört: der Egoismus, die Begierde, die Sünde. Wir rufen deshalb: „Befreie uns von dem Bösen, entreiße uns dem Bösen!“

Dieser Schrei ist vor allem das Anerkennen unserer Situation: Wir sind schon von der Sünde verdorben, von der Sünde Adams und von der Sünde aller uns vorangegangenen Generationen und von unserer eigenen Sünde. Dieser Schrei ist aber auch ein Glaubensakt. Da wir wissen, daß Jesus den Sieg auch für uns errungen hat, drücken wir unser ganzes Vertrauen zum Vater aus: Er kann uns entreißen, Er kann uns befreien!

Wenn wir auf die Menschheitsgeschichte schauen, sehen wir, wie Gott schon eingegriffen hat, um diese Bitte zu erhören.

Beobachten wir die Art und Weise, wie Er sich als der Befreier der Menschen gezeigt hat.

Er hat Mose aus der Hand des Pharaos befreit; Er hat ihn befreit nicht ohne den Glauben und die Mühe des Mose!

Er hat David von Saul befreit, aber nicht auf magische Art.

Er ist dabei, die Frau aus der Gewalt des Drachens zu befreien, wie es in den Visionen der Offenbarung ausgedrückt wird. Während Michael und seine Engel im Himmel kämpfen und siegen, setzt sich auf Erden der Kampf fort.

So befreit der Vater auch uns durch den Herrn Jesus Christus im Kampf des Willens, der das Gute will, gegen die Begierde, die zum Bösen drängt [vgl. Röm 7,14]. Gott erhört uns, Er will uns aus der Macht des Bösen befreien. Er tut es, aber Er fängt erst an, wenn Er sieht, daß wir uns ernstlich bemühen, Ihm treu zu sein, und daß wir im Kampf für diese Treue uns ernstlich einsetzen.

Gott gehorchte Mose, als dieser seinen Stab hochhob; aber Mose selbst mußte seinen Stab hochheben, und das kostete ihn den ganzen Einsatz seines Glaubens.

Gott rettete David vor Saul, aber David verzichtete darauf, sich selbst Recht zu verschaffen.

Gott hat die Frau gerettet, aber diese hat sich in die Wüste zurückgezogen und dort verborgen.

Die vom Vater bewirkte Befreiung entbindet den Menschen nicht von Mühe und Leid. Mühe und Leid sind kein Übel, denn auch das Kreuz Jesu war kein Übel.

Als Jesus für seine Jünger betet, sagt Er nämlich: „Ich bitte nicht, daß du sie aus der Welt (wo es Bedrängnis und Tod gibt) nimmst, sondern daß du sie vor dem Bösen bewahrst“ [Joh 17,15].

Unser Gebet vereint sich notwendigerweise mit dem Gebet des Sohnes: Wir bitten nicht, daß uns das Kreuz, die Mühe, das Leid und die Verfolgung weggenommen werden, sondern nur daß wir vom Bösen befreit werden.

Das, worum Jesus den Vater für die Jünger gebeten hat, hielt er auch für sich notwendig. Als Er in Getsemani merkte, daß Petrus ihn vor den Wachen und den Soldaten verteidigen wollte, sagte Er zu ihm: „Steck das Schwert in die Scheide!“ [Joh 18,11]

Dieser Befehl könnte folgende Bedeutung haben: „Du sollst mich nicht mit den gewaltsamen Methoden verteidigen, deren sich Satan bedient. Du sollst mich nicht vor den Menschen verteidigen, als ob sie Feinde wären, noch vor den Leiden, wenn schon, mußt du mich vor dem Bösen verteidigen, der das Herz des Sohnes vom Vater trennen möchte. Wenn du mich wirklich verteidigen willst, suche den Willen des Vaters, gehorche Ihm!“

„Soll ich nicht den Kelch trinken, den der Vater mir gibt?“

Wenn du mir das Kreuz nimmst, hinderst du mich daran, den Liebesplan des Vaters zu vollenden.

Der Apostel Paulus sagt, daß die Leiden keine echte Gefahr für den Menschen sind:„Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? ... Doch all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat“ [Röm 8,35]. Diese Situationen – von unserem Körper als Gefahr empfunden – können ein Siegesplatz für den Geist sein, jene Stelle, wo die Herrlichkeit Gottes sich in uns offenbart.

Der Böse wirkt nämlich leichter im Wohlstand, in der Beliebtheit, im Ehrgeiz.

„Wer aber reich werden will, gerät in Versuchungen und Schlingen, er verfällt vielen sinnlosen und schädlichen Begierden, die den Menschen ins Verderben und in den Untergang stürzen“ [1 Tim 6,9]. So lehrte der Apostel Timotheus und empfahl ihm, die Christen zu ermahnen, um sie vor dem Glaubensverlust zu bewahren. Er übernahm somit die Weisheit des Psalmisten, der schon Jahrhunderte vorher beobachtet hatte: „Der Mensch bleibt nicht in seiner Pracht; er gleicht dem Vieh, das verstummt“ [Ps 49,13]. Und Jesus sagte: „Weh euch, wenn euch alle Menschen loben“ [Lk 6,26]. Der Mensch ohne Kreuz ist ein entwaffneter Mensch; sein Feind besiegt ihn leicht.

Beispielhaft ist die Haltung Judits, die vor den Schwierigkeiten ihres Volkes, das vom Heer des Holofernes umzingelt war, nicht erschrak. Jene schreckliche Bedrohung war für die Anführer des Volkes eine Versuchung. Judit sagte zu ihnen: „Ihr wollt den Herrn, den Allmächtigen, auf die Probe stellen und kommt doch ewig zu keiner Erkenntnis... Darum wollen wir die Rettung von IHM erwarten ... laßt uns dem Herrn, unserem Gott, danken, daß er uns ebenso prüft wie schon unsere Väter. Denkt daran, was er mit Abraham machte, wie er Isaak prüfte und was Jakob erlebte... Denn wie er diese Männer im Feuer geläutert hat, um ihr Herz zu prüfen, so hat er mit uns kein Strafgericht vor...“ [Jdt 8,13...27].

 

FÜHRE UNS NICHT IN VERSUCHUNG,SONDERN ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN

E.

Der Vater hört seine Kinder. Er hört auch diese letzte Bitte, mit der die Lehre Jesu endet. Der Vater hat den Sohn schon gesandt, um uns vom Bösen zu befreien.

„Ihr wißt,... wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm“ [Apg 10,38].

Die Tat Jesu ist eine Befreiungstat. Die von den Evangelisten uns erzählten Beispiele sind vielfältig: Die bloße Gegenwart und Nähe Jesu erschreckt den Feind, der sich offen zeigt und den Menschen – seine Beute – verläßt, sobald das Wort des Herrn ertönt. Jesus ist der große Befreier. Dort, wo Er zugegen ist, flieht der Böse. Wo Jesus angenommen und geliebt wird, geschehen Heilung und Befreiung.

Was für die Einzelnen gilt, für die Kinder Gottes, gilt auch für die Kirche. Jeder von uns denkt an sich selber oder an eine ihm nahestehende Person, wenn er sagt: “Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns...“ Aber unser Gebet, so auch diese Bitte, ist in der Mehrzahl formuliert: „Erlöse uns!“ Es ist die Kirche, es ist die ganze christliche Gemeinschaft, die so betet.

Die Kirche kennt die Schuld der einzelnen Christen, aber sie kennt auch die Schuld von Gruppen und Gemeinschaften. Die Kirche empfindet die Schuld eines Hirten oder eines Gläubigen als die ihre; sie empfindet die Versuchung ihrer Glieder als ihre eigene. Es kann passieren, daß in einer bestimmten Zeit oder Situation oder an einem bestimmten Ort die ganze örtliche Kirche die gleiche Versuchung erleidet, und daß nur wenige ihrer Glieder, einige Heilige, dies bemerken und mit prophetischer Berufung dagegen kämpfen.

Auch als Kirche können und müssen wir deshalb sagen: „Vater, führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Erlaube nicht, daß dieser Teil deines Volkes in die Ablehnung deiner Vaterschaft, in die Ablehnung des Vertrauens in deine Liebe fällt.

Einige in der Kirche gegenwärtige Versuchungen – von den Christen gebilligt – findet man öfters im Laufe der Geschichte und werden als solche schwerer erkannt. Gott läßt uns aber nicht ohne geistige Unterscheidungskraft: Er schenkt dieses Charisma manchem, der es – durch Leiden – für alle Geschwister ausübt.

Eine von diesen Versuchungen, die leicht zu Angriffspunkten Satans werden, um die Gegenwart und das Zeugnis der Kirche in der Welt unnütz zu machen, ist die Neigung, sich selbst darzustellen, anstatt Jesus, den Retter zu verkündigen! Die Kirche ist sicher wichtig, und ich bin stolz, ihr Mitglied zu sein: Ihre Wichtigkeit besteht aber in der Tatsache, daß sie die einzige Realität ist, die mit ihrer Existenz, der Welt und den Menschen dieser Welt das Brot des Lebens, den Sohn Gottes, das Licht für jeden Menschen anbietet. Ihre Aufgabe ist wichtig, unentbehrlich, aber sie selber braucht auch ständig dasselbe Brot, dasselbe Licht, dieselbe Botschaft, die sie anderen verkündet!

Es ist nicht notwendig, daß die Kirche über sich selber redet, wenn nicht so viel, daß es zur Verkündigung der ganzen Offenbarung der Pläne Gottes dient. Es ist notwendig, daß sie ständig auf das Wort Gottes hört und es immer gehorsam befolgt. Die Kirche, die über sich selbst spricht und sich darum kümmert, bekannt zu werden und anerkannt zu werden, läuft Gefahr, Zeit und Energien zu vergeuden, wenn nicht sogar den Weg denen zu verbauen, die das Heil notwendig brauchen.

Aus dieser Versuchung geht eine andere hervor: Durch das Bemühen der Kirche um Anerkennung, können die Christen ihre Sendung vergessen. Da die Welt auf die Äußerlichkeit schaut, sind die Christen darum bemüht, um jeden Preis zahlenmäßig zu wachsen, von der Welt geschätzte soziale und kulturelle Tätigkeiten aufzuweisen und die gleichen Mittel, wie sie die Welt hat, zur Verfügung zu haben. Das Bauen auf Organisation und Geld, anstatt auf die Kraft des Heiligen Geistes bewirkt, daß die Kirche „Salz ohne Geschmack“ wird. Wer sich ihr nähert, spürt nicht den Geschmack Gottes, die Liebe, die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, die Güte Jesu.

Wenn die Mitglieder der Kirche dieser Versuchung nachgeben, wächst in ihnen der Drang zum Handeln, der Drang, überall und immer präsent zu sein. Aber wem kann es nützen, da zu sein mit einem christlichen Namen, anstatt mit dem Geist Gottes? Mit menschlichen Kräften da zu sein, macht das österliche Geheimnis, das Geheimnis des Todes und der Auferstehung Jesu, noch nicht gegenwärtig. In einer weltlichen Umgebung präsent zu sein, ohne ganz eng mit Jesus verbunden zu sein, und ohne Seine Gegenwart in die Welt zu tragen, ist vielleicht eine Selbsttäuschung und ein Betrug. Man bildet sich ein, angenommen zu werden, aber das, was angenommen wird, ist unsere Aktion, nicht die Person des Herrn! Der Einfluß der Welt auf die Kirche wird stärker, als der Einfluß der Kirche auf die Welt!

Die letze Versuchung besteht im vorsichtigen Trachten, das Zeugnis für Jesus zu meiden, das zum Martyrium führt.

Eine Kirche ohne Märtyrer ist eine unnütze, tote, abwesende Kirche! Die universelle Kirche ist nie ohne Märtyrer. Auch unsere Zeit hat viele davon gesehen, scharenweise, im Osten und im Westen, im Norden und im Süden. Bei verschiedenen Gelegenheiten leuchtet im Leben der Kirche das Wort auf, das sie jeden Sonntagmorgen singt: „Deine Huld ist besser als das Leben“ [Ps 63,4].

Aber in den einzelnen örtlichen Kirchen ist die Versuchung, das Martyrium fernzuhalten, immer noch stark, und das ist das Zeichen, daß in den Augen der Christen die Welt wichtiger geworden ist als ihre Sendung in der Welt.

Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen!

Gib, daß wir mehr auf dich hören, Vater, daß wir Liebende deines Sohnes werden bis zum Risiko, verachtet und abgeschoben zu werden; daß wir Träger deines Geistes werden, der in der Schwachheit und in der menschlichen Unfähigkeit wirkt.

Laß deine Kirche nicht in die Versuchung fallen, sich der Welt anzupassen, um die Welt zufriedenzustellen. Laß nicht zu, daß deine Kirche den Sinn ihrer Sendung verliert, den Namen des Herrn Jesus, des Gekreuzigten, zu tragen!

 

FÜHRE UNS NICHT IN VERSUCHUNG,SONDERN ERLÖSE UNS VOR DEM BÖSEN

F.

Die Tatsache, daß die Kirche „wie eine kleine Herde“ mitten in der Welt, das heißt inmitten von Feindseligkeiten und Verachtung lebt, ist ihr „Glück“! So wird ihr geholfen, ihr „Anderssein“ von der Welt lebendig zu halten. Durch dieses Anderssein kann sie der Sendung getreu werden, gerade dieser Welt, die ihr Feind ist, die Liebe des Vaters zu vermitteln!

Die Kirche hat die Gelegenheit, zu zeigen, daß ihr Herz Jesus gehört, daß Er ihr einziger, wunderbarer Bräutigam ist. Die Glieder der Kirche, die im gemeinsamen Gebet und in der Bezeugung der Brüderlichkeit vereint sind, freuen sich über ihre Aufgabe, „Salz der Erde und Licht für die Welt“ zu sein. Sie bestärken sich im Bewußtsein dieses unentbehrlichen Dienstes, der sein letztes Ziel im ewigen Leben, im endgültigen Wohlergehen der Menschheit hat: Die verheißene Seligkeit jenseits dieser Zeit, jenseits des Todes!

Wir Christen - belehrt von der Kirchengeschichte, angefangen bei den ersten Jüngern des Herrn - wissen, daß der Böse sein zerstörerisches Werk nicht aufgibt, deshalb fahren wir fort zu beten:“ Erlöse uns von dem Bösen!“ Dieses Gebet kann und soll nicht aufgegeben werden; es hält uns wachsam, und es erwirkt uns vom Vater den Sieg, mit dem Er die Demütigen, die sich Seinem Eingreifen als Vater anvertrauen, krönt.

Erlöse uns von dem Bösen!

Dieser Feind fährt fort, Unkraut auf das Feld des Guten Sämanns zu säen. Nach der Saat des Wortes – in jeder Umgebung, in jeder Gruppe, in allen Pfarreien – wächst dieses Unkraut, das stört, das Ackerboden raubt und das gute Korn erstickt.

Mitten in der Herde, unter den Schafen, gibt es die Böcke, die am Ende getrennt werden; aber inzwischen können sie den Gang der Schafe umleiten, sie desorientieren, ihre Ruhe und Einheit stören.

Im Netz der Fischer gibt es immer „den schlechten Fisch“, der Auswahlarbeit und eine ständige Aufmerksamkeit und Unterscheidung seitens der Fischer erfordert, um zu trennen, zu scheiden und zu wählen.

Erlöse uns von dem Bösen!

Seine Gegenwart will das Werk Gottes zerstören.

Gott baut „mit Mühe“ die Einheit, mit seinem Geist läßt Er uns in Gemeinschaft mit anderen eintreten, Er läßt uns ein einziger Leib sein, eine einzige Familie, Er macht uns zu Geschwistern! Der Böse wirkt vor allem zerstörerisch und jede Art göttlicher Gemeinschaft unterminierend. Er beginnt in den Familien, indem er versucht, das Ehesakrament zu zerstören; er führt sein Zerstörungswerk in den verschiedenen Gruppen fort, die sich im Namen Jesu versammeln: Vereine, religiöse Gemeinschaften, Pfarreien. Er versucht sogar, die Gläubigen von ihren Hirten, die Hirten von den Gläubigen, die Priester von ihrem Bischof und die Bischöfe untereinander zu trennen.

Die Trennungen in der Kirche sind die Frucht, welche die Gegenwart des Teufels, des „Durcheinanderbringers“, offenlegt. Die Trennung der Herzen sind das wahre „Böse“, welches das Werk Gottes zerstört, das die Kirche ruiniert und - in ihr - die Herzen der Einzelnen.

Jesus ist gegenwärtig, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind. Der Teufel trennt, denn er will die Gegenwart des Herrn verhindern.

Ich versuche deshalb, die Einheit mit den Gläubigen und mit den Hirten zu bewahren, auch um den Preis zurückzustecken, um den Preis, meine guten Argumente aufzugeben. Ich kann auf meine guten Argumente verzichten, aber nicht auf die Gegenwart Jesu: ER ist es, der die Menschen rettet, nicht die besten apostolischen Pläne. Ich verzichte auf meine Ideen, aber nicht auf die Möglichkeit, daß Jesus gegenwärtig wird und retten kann. Dies ist meine wichtigste Überzeugung und mein wichtigster Plan; auf beide kann ich nicht verzichten.

Erlöse uns von dem Bösen!

Der Vater hört und erhört uns: Er schenkt uns den Heiligen Geist, den Geist der Einheit, des Verständnisses, der Treue, des Ertragens, der Aufnahme, der Geduld.

Gezwungen von unserem ständigen Sündigen, fahren wir fort, zu sagen: Erlöse uns, Vater, von dem Bösen, vom wahren Übel, von der Trennung, die Satan die Ehre gibt.

Hören wir nicht auf, diese inständige Bitte zu wiederholen: „Entreiße uns dem Bösen!“ Es ist ein immer dringendes, notwendiges, aktuelles Gebet.

Der Vater läßt uns erkennen, daß nicht alle unsere Einfälle, nicht alle unsere Gefühle, nicht alle unsere Überzeugungen eine Eingebung Seines Geistes sind. Was nicht zusammen führt, nicht die Einheit aufbaut, kommt nicht von Ihm, auch nicht wenn es einen unmittelbaren Schein von Schönheit, Logik, Güte hat. Die letzte Bitte des Vaterunser macht uns hellhörig und wachsam: Wir müssen die Einheit unserer Gemeinschaft – Ausdruck und Frucht des Lebens Gottes unter den Menschen – verteidigen.

Während diese Bitte unsere Demut nährt, schenkt sie uns auch Hoffnung. Wir sind schwach und unfähig, unserer Gotteskindschaft treu zu bleiben, aber wir können immer auf die fortwährende Macht des Vaters rechnen. Er entreißt uns dem Bösen, auch wenn dieser schon die Kirche und die Herzen der Gläubigen geschädigt hat. Nicht zuletzt bereitet uns diese Bitte auf das Martyrium, auf das Zeugnis für Jesus vor. Um uns dem Bösen zu entreißen, tut der Vater alles, und wir sind zu allem bereit, auch materielle Güter, Geld, Ehre, den guten Namen, menschliche Ehre, Leistungsfähigkeit, ja sogar die Gesundheit und selbst das Leben zu verlieren.

Um die Einheit in der Kirche zu bewahren, kann mein Verzicht auf alles, sogar auf mein Leben, notwendig sein. Denn „Deine Gnade ist besser als das Leben.“

Vater unser, der du bist im Himmel,

führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen!

Erbarme dich unser.

Du, der du deinen Sohn dahin gegeben hast, damit uns vergeben wird,

befreie deine Kirche vom Wirken des Widersachers.

Und wir werden ein Herz und eine Seele sein, zu deiner Ehre.

DENN DEIN IST DAS REICH UND DIE KRAFT UND DIE HERRLICHKEIT IN EWIGKEIT

Mit diesen Worten hört das Gebet des Herrn in einigen alten Handschriften auf.

Mit diesen Worten beenden es die Geschwister der evangelischen Konfession (Protestanten), und mit diesen Worten ergänzen wir es bei der Eucharistiefeier.

Wir nennen dich Vater, wir erfüllen deinen Willen und bitten dich um das BROT, um die VERGEBUNG, um den SCHUTZ:

Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

AMEN